Es ist ein Wendepunkt für Biontech: Zum ersten Mal seit 2019 schreibt das Mainzer Biotech-Unternehmen rote Zahlen. Ein Verlust von 670 Millionen Euro im vergangenen Jahr zeigt, wie sehr das Geschäft mit dem Corona-Impfstoff eingebrochen ist. Die Umsätze sanken um rund eine Milliarde Euro auf 2,8 Milliarden Euro – ein drastischer Rückgang im Vergleich zu den Hochzeiten der Pandemie. Die Aktie verlor daraufhin zeitweise 4,5 Prozent.
Corona-Boom vorbei: Biontech sucht neue Einnahmequellen
Lange Zeit war Comirnaty, der gemeinsam mit Pfizer entwickelte mRNA-Impfstoff, eine Goldgrube. Zu Spitzenzeiten spülte das Präparat 19 Milliarden Euro in die Kassen. Doch mit dem Rückgang der Impfungen schmolzen die Erlöse rapide. Der Plan: Biontech will sich künftig auf die Krebsforschung konzentrieren und neue Medikamente auf den Markt bringen. Bis 2026 soll das erste Präparat gegen Krebs zugelassen werden.
Finanzielle Reserven bleiben hoch – doch reicht das?
Trotz des hohen Verlusts ist Biontech finanziell stabil. Das Unternehmen verfügt über Rücklagen von 17,4 Milliarden Euro, die in Forschung und Entwicklung investiert werden sollen. Die Ausgaben für diesen Bereich stiegen 2024 von 1,78 auf 2,25 Milliarden Euro. Firmengründer Ugur Sahin sieht in der Pipeline von 20 Medikamentenkandidaten großes Potenzial: Sollte sich einer der Wirkstoffe durchsetzen, könnte Biontech erneut zum Milliardenunternehmen werden.
Strategiewechsel: Fokus auf mRNA-Krebsmedizin
Ein Hoffnungsträger ist BNT122, eine auf mRNA-Technologie basierende Krebstherapie, die in Kooperation mit Roche entwickelt wird. Erste Ergebnisse zur Behandlung von Darmkrebs sollen Ende 2025 vorliegen. Auch der bispezifische Antikörper BNT327, der durch eine 950 Millionen Dollar schwere Übernahme des chinesischen Unternehmens Biotheus in das Portfolio kam, könnte zum Kassenschlager werden. Experten trauen ihm zu, dem Marktführer Keytruda Konkurrenz zu machen.
Stellenabbau trotz Wachstum in Mainz
Während das Unternehmen Milliarden in Forschung steckt, müssen viele Mitarbeiter gehen. In den kommenden drei Jahren will Biontech zwischen 950 und 1.350 Stellen streichen – vor allem an den deutschen Standorten Marburg und Idar-Oberstein. Gleichzeitig sollen am Hauptsitz in Mainz 350 neue Stellen entstehen. Die Verlagerung von Zelltherapie-Produktionen in die USA zeigt jedoch, dass sich das Unternehmen international neu aufstellt.