07. November, 2024

Unternehmen

Billie Green wächst stark: Gefahr für Rügenwalder?

Der Hype um Fleischersatzprodukte mag abflauen, doch Billie Green, die Veggie-Marke von Deutschlands zweitgrößtem Wursthersteller, zeigt rasantes Wachstum und will Marktführer Rügenwalder herausfordern.

Billie Green wächst stark: Gefahr für Rügenwalder?
Die Konkurrenz schläft nicht: Mit einem Umsatzsprung von fast 90 Prozent hat sich Billie Green in kürzester Zeit zur Nummer drei im Veggie-Markt gemausert.

Der Kampf um die Fleischauslage hat sich verschoben: Während der Markt für traditionelle Wurstwaren schwächelt, gewinnt der Wettbewerb bei Fleischersatzprodukten an Fahrt. Billie Green, die vegane Marke von In Family Foods, legt nach nur zwei Jahren eine beeindruckende Bilanz vor.

Die Marke ist zum Angriff auf den Platzhirsch Rügenwalder Mühle angetreten und hat bereits größere Konkurrenten wie Nestlés Garden Gourmet und Gutfried hinter sich gelassen. Mit einem Marktanteil von 4,9 Prozent in Deutschland steht Billie Green nun auf Platz drei im Veggie-Markt. Für eine junge Marke ist das ein beachtlicher Erfolg – doch die eigentliche Herausforderung wartet noch.

Vegane Vielfalt: Was Billie Green anders macht

Mit mittlerweile 15 veganen Produkten, von Mortadella über Grill-Bacon bis hin zu neuen Snack-Angeboten, ist Billie Green in den Regalen vieler Supermärkte und Discountern vertreten.

„Wir haben ein klares Ziel,“ erklärt Geschäftsführer Sven Wieken. „Um Kunden zu begeistern, müssen wir anders sein als die Konkurrenz und Produkte anbieten, die es so noch nicht gibt.“

Diese Innovationslust hat Billie Green mit einem Umsatzplus von 89 Prozent zwischen September 2023 und August 2024 belohnt.

Eine der Strategien, mit denen Billie Green aus der Masse hervorsticht, ist der weitgehende Verzicht auf kennzeichnungspflichtige Zusatzstoffe. Während viele Ersatzprodukte auf künstliche Zusätze angewiesen sind, setzt Billie Green auf Fermentation, um Konsistenz und Geschmack zu optimieren.

„Die Nachfrage zeigt, dass Verbraucher auch bei pflanzlichen Alternativen auf Natürlichkeit achten,“ so Wieken.

Die Marke bedient diesen Wunsch, indem sie künstliche Zusatzstoffe reduziert und stattdessen auf natürliche Verfahren setzt.

Der Markt wird rauer: Rügenwalder und die Großen unter Druck

Rügenwalder Mühle, seit über einem Jahrzehnt der Platzhirsch im Veggie-Segment, kämpft um Marktanteile. Von einem Höchststand von über 40 Prozent ist das Unternehmen auf 35,6 Prozent abgerutscht, während die Konkurrenz wächst.

Billie Green profitiert von dieser Dynamik und hat sich bereits strategische Beratung von Godo Röben gesichert – dem ehemaligen Veggie-Chef von Rügenwalder selbst. Diese gezielte Verstärkung bringt Billie Green wertvolle Insights und stärkt den Angriff auf die etablierten Marken.

Doch auch abseits des direkten Wettbewerbs gibt es Herausforderungen. Die großen Lebensmittelkonzerne wie Nestlé und Tönnies setzen auf ihre bekannten Marken und massiven Produktionskapazitäten, während Eigenmarken der Discounter immer häufiger die Fleischersatzregale füllen. Die Konkurrenz nimmt zu, und die einstigen Traumrenditen auf dem Veggie-Markt werden zusehends zur Seltenheit.

„Es gibt immer mehr Marktteilnehmer, die auch die Preisstruktur verändern,“ räumt Rügenwalder ein.

Wachstumsschmerzen und Chancen für Billie Green

Mit einem prognostizierten Umsatz zwischen 20 und 22 Millionen Euro für 2024 liegt Billie Green zwar noch weit hinter den Spitzenreitern, doch der Kurs ist gesetzt. Das mittelfristige Ziel ist ambitioniert: Bis 2028 sollen die Umsätze die 100-Millionen-Euro-Grenze erreichen.

Ein Großteil des Erfolgs wird dabei auf kontinuierlichen Innovationen und einer wachsenden Sortimentsvielfalt basieren. Das erklärte Ziel der Marke ist es, langfristig ein Vollsortimenter zu werden, der nicht nur mit veganem Aufschnitt, sondern auch mit Grill- und Snackprodukten in den Haushalten vertreten ist.

„Wir wissen, dass wir preislich nicht mit Handelsmarken konkurrieren können,“ so Georg Achterkamp, verantwortlich für die Produktentwicklung. „Unser Mehrwert liegt in Qualität und Innovation.“

Billie Green will hier in Zukunft noch stärker auf eigene, neue Proteinquellen setzen. In Entwicklung sind zum Beispiel Produkte auf Basis von Mycelium, dem wurzelartigen Geflecht von Pilzen, das bisher nur wenige Hersteller nutzen. Dieser Rohstoff könnte bald die nächste Generation von Fleischalternativen prägen.

Expansion und Profitabilität

Trotz der wachsenden Bekanntheit bleibt Billie Green ein junges Unternehmen, das noch seinen Platz im Markt festigen muss. Während in Deutschland bereits die meisten großen Einzelhändler das Sortiment führen, soll in den kommenden Jahren die Expansion im europäischen Ausland folgen.

Erste Schritte wurden bereits mit Migros in der Schweiz und den österreichischen Ketten Billa und Spar gemacht. Weitere europäische Länder stehen auf der Expansionsliste – jedoch erst, wenn das Unternehmen auch im Heimatmarkt gefestigt ist.

Dass Billie Green seinen Weg als Innovator ernst meint, zeigt sich auch an der Profitabilität: Das Unternehmen strebt an, in den nächsten Jahren schwarze Zahlen zu schreiben, eine Herausforderung in einem hart umkämpften Markt mit hohem Innovationsdruck. Doch Wieken zeigt sich zuversichtlich:

„Der Markt entwickelt sich weiter, und wir sind mit unseren Ergebnissen dort, wo ein erfolgreiches Start-up nach zwei Jahren stehen sollte.“

Ein spannender Kampf im Fleischersatz-Segment

Billie Green ist auf gutem Weg, sich im gesättigten Veggie-Markt zu etablieren. Ob das Unternehmen Marktführer Rügenwalder ernsthaft gefährden kann, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Klar ist jedoch: Mit gezielten Innovationen, einer klaren Differenzierung und dem strategischen Know-how aus der Branche ist Billie Green gut gerüstet, den Platz der Pioniere in Frage zu stellen. Anleger und Marktbeobachter sehen der Entwicklung mit Spannung entgegen – denn der Veggie-Markt bleibt ein dynamisches Spielfeld.