US-Präsident Joe Biden hat bekanntgegeben, dass er in Erwägung zieht, einer Anfrage der Ukraine nachzukommen, amerikanische Waffen zur Durchführung von Angriffen tief innerhalb russischen Territoriums zu nutzen.
Diese Aussage Bidens erfolgt angesichts einer Spaltung innerhalb seiner Regierung. Während das US-Außenministerium eher geneigt scheint, die Anfrage Kyivs zu unterstützen, steht das Pentagon sowie die US-Geheimdienstgemeinschaft dieser Überlegung kritisch gegenüber. Biden erklärte, dass diese Frage derzeit diskutiert werde, insbesondere hinsichtlich des Einsatzes des „Army Tactical Missile System“ (ATACMS) für Ziele in Russland.
Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hat mehrmals gefordert, die Beschränkungen für westlich gelieferte Langstreckenwaffen aufzuheben. So soll sein Militär in der Lage sein, russische Flugplätze, Raketenstarter sowie wichtige Munitions- und Treibstoffdepots anzugreifen, die entscheidend für Moskaus Kriegsführung sind.
Washington hat in den letzten Monaten seine strikte Haltung gelockert und erlaubt der Ukraine den Einsatz von US-Waffen zu defensiven Zwecken. Doch Selenskyj drängt darauf, auch tief in Russland angreifen zu dürfen, um den Preis der Invasion für Präsident Wladimir Putin zu erhöhen.
US-Außenminister Antony Blinken reist zusammen mit David Lammy, dem britischen Außenminister, diese Woche in die Ukraine, um mit Selenskyj über dessen Anliegen zu sprechen und die Unterstützung für den Verbündeten zu signalisieren. Blinken betonte, dass die Stimmen der ukrainischen Partner aufmerksam gehört würden und er gemeinsam mit Lammy an Biden und den britischen Premierminister Keir Starmer berichten werde. Letzterer wird am Freitag in Washington erwartet, um das Thema weiter zu erörtern.
Das Vereinigte Königreich hat die USA aufgefordert, der Ukraine die Nutzung von Langstreckenwaffen auch für Angriffe tief innerhalb Russlands zu gestatten. Eine Genehmigung von Seiten der USA ist erforderlich, um ukrainische Angriffe mittels der vom Vereinigten Königreich gelieferten Storm Shadow-Raketen auf russisches Territorium durchzuführen.
Während das US-Außenministerium offener für die Argumente der Ukraine und vieler westlicher Verbündeter ist, haben das Pentagon und die US-Geheimdienste Bedenken geäußert. Eine aktuelle Einschätzung ergab, dass 90 Prozent der russischen Flugzeuge auf Flugplätze mindestens 300 Kilometer vom ukrainisch kontrollierten Gebiet verlegt wurden, also außerhalb der ATACMS-Reichweite liegen.
Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte unlängst auf einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf der Ramstein Air Base in Deutschland, dass „eine spezifische Fähigkeit“ nicht entscheidend sein werde. Er verwies darauf, dass die Ukraine auch strategische Ziele in Russland mit Drohnen und anderen national produzierten Waffen angreifen könne.
US-Verteidigungsbeamte raten der Ukraine, westliche Waffen vorrangig zur Verteidigung der östlichen und nördlichen Regionen zu nutzen, die Zugang zum Schwarzen Meer zu sichern und Druck auf russische Streitkräfte in der Krim auszuüben – der Halbinsel, die Putin 2014 annektierte.