30. Oktober, 2024

Politik

Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan in Berlin: Kontroverse Positionen im Nahost-Konflikt

Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan in Berlin: Kontroverse Positionen im Nahost-Konflikt

Der Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Berlin sorgte für eine Zusammenkunft von unterschiedlichen Standpunkten bezüglich des Nahost-Konflikts. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte Erdogan die israelische Kriegsführung im Gaza-Streifen, die viele zivile Opfer gefordert habe. Scholz hingegen betonte, dass die Gewalt von der terroristischen Hamas ausgegangen sei und Israel das Recht zur Selbstverteidigung habe. Die Politiker einigten sich jedoch darauf, dass kurzfristige humanitäre Feuerpausen zur Versorgung der Zivilbevölkerung und langfristig eine Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser benötigt werden.

Erdogans Besuch in Deutschland, der erste seit fast vier Jahren, war wegen seiner scharfen verbalden Attacken gegen Israel im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg umstritten. Während Erdogan die Ermordung israelischer Zivilisten bei einem Terrorangriff am 7. Oktober verurteilte, bezeichnete er die verantwortliche Hamas später als "Befreiungsorganisation". Israel bezichtigte er eines "Genozids" im Gazastreifen und stellte auch dessen Existenzrecht infrage. In der Pressekonferenz mit Scholz vermied Erdogan jedoch weitere Eskalationen und wiederholte die Vorwürfe auf Nachfrage nicht.

Scholz betonte in der Pressekonferenz, dass Deutschland eindeutig zum Existenzrecht Israels stehe und dass Israel das völkerrechtlich verbriefte Recht habe, sich zu verteidigen. Gleichzeitig äußerte Scholz auch seine Besorgnis über das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza und betonte, dass Deutschland seit Jahrzehnten einer der größten Hilfsgeber für die palästinensische Bevölkerung sei.

Erdogan forderte eine humanitäre Waffenpause im Gaza-Krieg. Wenn Deutschland und die Türkei gemeinsam einen solchen Waffenstillstand erreichen könnten, bestehe die Chance, die Region aus diesem "Feuerring" zu retten. Er betonte, dass jeder sich für einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten einsetzen müsse und fragte, wie Deutschland hierbei helfen könnte.

Kurz vor Erdogans Ankunft drängte die Türkei auf ein deutsches Ja zum Kauf von Eurofighter-Jets. Die Türkei beabsichtigt, 40 der Kampfflugzeuge zu kaufen, und hat bereits die Zustimmung von Großbritannien und Spanien erhalten. Über dieses Thema wurde auch beim Abendessen diskutiert. Erdogan betonte, dass es viele Länder gebe, die Kampfflugzeuge herstellten und dass diese auch von anderen Ländern bezogen werden könnten.

Des Weiteren bedankte sich Scholz bei Erdogan für dessen Einsatz für das Getreideabkommen mit Russland, durch das Getreide aus der Ukraine trotz des Krieges exportiert werden konnte. Erdogan erklärte, dass Russland wieder große Mengen an Getreide nach Afrika schicken wolle und die Türkei bereit sei, bei einem Getreidekorridor im Schwarzen Meer zu helfen.

Scholz bekundete das deutsche Interesse, das Migrationsabkommen zwischen der EU und der Türkei fortzuführen, um irreguläre Migration zu begrenzen. Der deutsche Bundeskanzler setzt sich dafür ein, dass diese Vereinbarung von 2016 fortgesetzt wird und betonte, dass sie beiden Seiten Nutzen bringt. Auch die Frage der Rückführung von Migranten steht auf der Agenda der Gespräche.

Scholz kündigte an, dass er mit Erdogan auch über konkrete Fortschritte bei den Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union sprechen möchte. Die Beziehungen seien in den letzten Jahren hinter den Erwartungen und Möglichkeiten zurückgeblieben. Erdogan betonte, dass die Türkei seit 52 Jahren an der Tür der Europäischen Union warte und dass die Unterstützung Deutschlands dabei sehr wichtig sei.

Der türkische Präsident wurde bei seinem Besuch in Berlin zunächst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue empfangen. Auch Steinmeier machte deutlich, dass die deutsche Position im Nahost-Konflikt das Existenzrecht Israels und sein Recht auf Selbstverteidigung unterstütze.