Der Strafprozess um den beispiellosen Wirecard-Betrugsskandal nimmt eine überraschende Wendung: Die Staatsanwaltschaft hat sich für eine Verkürzung des seit über zwei Jahren andauernden Verfahrens ausgesprochen. Das Gericht verfolgt die Absicht, die Anklage auf die zehn zentralsten Vorwürfe zu begrenzen, wodurch der Prozess früher abgeschlossen werden könnte. Ohne diese Einschränkung hätte ein Urteil erst frühestens 2026 erwartet werden können.
Für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun, der seit viereinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzt, sowie seine Mitangeklagten, bleibt die Aussicht auf signifikant mildere Strafen jedoch unwahrscheinlich. Der Hauptvorwurf lautet weiterhin auf bandenmäßigen Betrug, bei dem Braun und seine Komplizen den inzwischen kollabierten DAX-Konzern durch fiktive Gewinne künstlich stabil hielten. Der daraus resultierende Schaden für die Banken wird auf über drei Milliarden Euro geschätzt. Laut Oberstaatsanwalt Matthias Bühring hätte auch die Verhandlung aller ursprünglichen Anklagepunkte die zu erwartende Gesamtstrafe nicht wesentlich verändert.
Unterdessen kritisiert die Verteidigung von Markus Braun das Gericht und die Staatsanwaltschaft scharf: Rechtsanwältin Theres Kraußlach spricht von einer voreiligen Verurteilung, da bisherige Aufklärungsbemühungen ihrer Meinung nach unzureichend blieben. Sie weist insbesondere auf Jan Marsalek hin, das untergetauchte ehemals verantwortliche Vorstandsmitglied, als Haupttäter. Ihrer Ansicht nach gibt es keinerlei Grundlage für eine Verurteilung Brauns, welcher in allen Punkten freigesprochen werden sollte.