Es ist ein Übernahmeangebot, das eher wie eine Pflichtübung wirkt: 4,47 Euro in bar plus 0,4 A-Aktien der MediaForEurope (MFE) bietet das Berlusconi-nahe Medienhaus für eine Aktie von ProSiebenSat.1 – insgesamt ein Mindestpreis von 5,74 Euro, wie von der BaFin vorgegeben.
Doch der Kurs von ProSieben hatte diese Marke zuletzt bereits überschritten. Von Euphorie keine Spur.
Italienisches Kalkül
Der Schritt von MFE war längst erwartet worden. Mit der Annahme eines Teils der Aktien durch einen großen Bestandsaktionär sicherte sich MFE Ende März den strategisch wichtigen Anteil von mehr als 30 Prozent.
Damit war ein Pflichtangebot unausweichlich. Analysten wie Daniel Kerven von JPMorgan rechnen allerdings nicht mit einer echten Übernahmewelle: Die Offerte sei wenig attraktiv, der große Run bleibe aus.
Dennoch ist klar: Die Italiener setzen weiter auf die Karte schleichender Einflussnahme. Seit Jahren schraubt MFE ihre Beteiligung am deutschen TV-Konzern stückweise nach oben.
Die Strategie erinnert an „Kontrolle ohne Komplettkauf“. Mit rund einem Drittel der Stimmrechte kann man bereits viele Entscheidungen mitbestimmen – auch ohne formale Mehrheit.
Die Börse zeigt sich reserviert
Die Aktie von ProSiebenSat.1 notierte am Donnerstagvormittag leicht im Plus, bei 5,85 Euro – und damit über dem Angebotspreis.
Das zeigt: Der Markt hält die Offerte für unterbewertet. Oder glaubt, dass MFE nachlegen muss. Ein Großteil der Anleger dürfte auf eine Nachbesserung spekulieren oder die Aktien schlicht halten.
ProSiebenSat.1 steht seit Jahren unter Druck: Die Transformation zum digitalen Medienkonzern verläuft schleppend, Streamingangebote wie Joyn liefern bislang nicht die erhofften Margen. Gleichzeitig wächst der Druck durch internationale Player wie Netflix, Amazon und YouTube.
Die Italiener sehen hier eine Chance, durch eine Konsolidierung in Europa eine Gegenmacht aufzubauen – unter ihrer Führung.
Ein Angebot ohne Herz, aber mit Hebelwirkung
Wirklich herzlich wirkt das Übernahmeangebot nicht. Es ist das Mindestmaß, nicht mehr. Doch MFE verfolgt einen langen Atem. Und mit einem Stimmenanteil über der 30-Prozent-Marke kann der Konzern nun verstärkt Einfluss auf Strategie, Vorstand und Aufsichtsrat nehmen – auch ohne vollständige Übernahme.
Ob ProSiebenSat.1 dadurch an Dynamik gewinnt oder in eine strategische Sackgasse läuft, dürfte sich erst in den kommenden Quartalen zeigen. Sicher ist nur: Der Berlusconi-Clan gibt die Kontrolle über seinen deutschen Hoffnungsträger nicht mehr aus der Hand.
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