Human Rights Watch (HRW) hat im Zuge eines neuen Berichts Israel schwerer Menschenrechtsverletzungen in Gaza beschuldigt, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit umfassen sollen. Diese Vorwürfe werden inmitten eines internationalen Aufschreis über die zunehmend katastrophalen humanitären Bedingungen in der Region erhoben. Große Teile Gazas liegen in Trümmern, seit das israelische Militär als Reaktion auf den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 eine massive Offensive gestartet hat.
Laut HRW hätten Israels Handlungen zur Vertreibung von 1,9 Millionen der insgesamt 2,2 Millionen Gazaner geführt, was als "erzwungene Vertreibung" charakterisiert wird. Dies sei sowohl umfassend als auch systematisch erfolgt und stelle daher ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Zudem sei die Vertreibung als gezielt geplant anzusehen, was sie laut dem Bericht zu einem Akt der ethnischen Säuberung qualifiziere.
Zwar äußerten sich das israelische Außenministerium sowie das Büro des Premierministers nicht zu den Vorwürfen, doch haben israelische Offizielle zuvor immer wieder betont, dass die eigenen Streitkräfte im Einklang mit internationalem Recht agieren und Evakuierungen aus Sicherheitsgründen durchgeführt würden. Zudem werfen sie der Hamas vor, die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen, indem militärische Infrastruktur nah an zivilen Einrichtungen oder in dicht besiedelten Gebieten platziert werde.
Die Konflikte haben bereits zu Verfahren vor internationalen Gerichten geführt. Der Internationale Strafgerichtshof hat dabei gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu und andere Haftbefehle beantragt, während auch Anklagen wegen Völkermords erwogen werden. Israel weist solche Vorwürfe strikt zurück und Premierminister Netanyahu bezeichnete die Forderung nach Haftbefehlen als "absurd und falsch".
Der HRW-Bericht basiert auf einer umfangreichen Recherche, die Interviews mit 39 geflüchteten Palästinensern in Gaza umfasst sowie die Analyse israelischer Evakuierungsbefehle, Videoaufnahmen von Angriffen auf Fluchtwege und sogenannte sichere Zonen sowie Satellitenbilder der Zerstörung in der Region. Dem Bericht zufolge habe Israel mehrfach Evakuierungsrouten und sichere Zonen angegriffen, während die ordnungsgemäße Durchführung und Rückkehrbedingungen nach Beendigung der Feindseligkeiten unzureichend erfüllt worden seien.
Abschließend bemerkt der Bericht, dass die Stufe der Zerstörung und Äußerungen israelischer Amtsträger den Eindruck erwecken, Gaza soll stark reduziert werden und eine Rückkehr der vertriebenen Zivilisten nicht vorgesehen sein, was weitere Anhaltspunkte für die Behauptungen der systematischen Vertreibung liefert.