Belgien erlebt einen historischen Moment: Erstmals wird eine Regierung von der rechten Partei N-VA unter der Führung von Bart De Wever gebildet. Die migrationskritischen flämischen Nationalisten der N-VA haben sich mit vier weiteren Parteien auf eine Koalition geeinigt. De Wever, bisher Bürgermeister der Hafenstadt Antwerpen, soll nun als Regierungschef die Amtsgeschäfte führen. Hauptziel der neuen Regierung ist die Senkung der hohen Schuldenlast und der Neuverschuldung Belgiens. Dies wird voraussichtlich zu umfassenden sozioökonomischen Reformen und tiefgreifenden Einschnitten in den Sozialstaat führen. Die Koalitionsvereinbarungen müssen noch formal angenommen werden, bevor König Philippe die Regierung vereidigt. Die Koalition trägt den Namen "Arizona", benannt nach den Parteienfarben, die der Flagge des US-Bundesstaates Arizona ähneln. Neben der N-VA gehören die liberale Partei MR, die Christdemokraten und die flämischen Sozialdemokraten zur Koalition. Diese Zusammensetzung zeigt die Bemühungen, verschiedene politische Strömungen zu vereinen. Die Regierungsbildungen in Belgien sind traditionell komplex und zeitintensiv, was unter anderem der Sprachteilung zwischen Wallonie und Flandern geschuldet ist. 2019 benötigte Belgien fast 16 Monate, um die sogenannte Vivaldi-Koalition aus sieben Parteien zu bilden. Der belgische König übernimmt hierbei häufig eine vermittelnde Rolle. Der hohe Aufwand der Regierungsbildung spiegelt auch die Besonderheiten des belgischen Wahlrechts wider. Mit Wahlpflicht und möglichen Strafen für Nichtwähler wird versucht, die gesamte Bevölkerung zur Teilnahme zu bewegen, was wiederum die politische Landschaft des Landes prägt.