Der hochverschuldete Baywa-Konzern hat einen Sanierungsgutachter engagiert, um seine finanzielle Lage zu stabilisieren. Das gab das Münchner Unternehmen bekannt und zeigte sich gleichzeitig optimistisch, durch konstruktive Gespräche mit Finanzierungspartnern und gezielte Maßnahmen die Finanzsituation nachhaltig zu verbessern. Die stark gestiegenen Zinszahlungen seit 2021 stellen jedoch eine große Herausforderung dar.
Einzelheiten über das Sanierungsprogramm und den beauftragten Gutachter wurden bislang nicht bekannt gegeben. Die Bekanntmachung erfolgte nach Börsenschluss am Freitagabend. Die Aktie von Baywa erlebte daraufhin einen drastischen Kursrückgang von rund 20 Prozent im nachbörslichen Handel auf Tradegate.
Im Februar 2023 feierte Baywa sein 100-jähriges Bestehen mit einer großen Gala, beendete das Jahr jedoch mit einem Nettoverlust von 93 Millionen Euro. Im ersten Quartal 2023 verschlechterte sich die Lage weiter mit einem Verlust von 108 Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die langfristigen und kurzfristigen Schulden Ende des ersten Quartals auf fast 5,6 Milliarden Euro. Bereits im Juni kündigte CEO Marcus Pöllinger sozialverträglichen Stellenabbau und den Verkauf nicht wesentlicher Geschäftsbereiche an.
Ein Großteil dieser Schulden stammt aus der Amtszeit des früheren Vorstandschefs Klaus Josef Lutz, der den Konzern global und auf Kredit erweiterte, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien sowie im Agrarhandel. Beispielsweise wurde die Baywa Mehrheitseignerin des neuseeländischen Apfelanbauers Turners and Growers.
Pöllinger, der dem Vorstand seit Ende 2018 angehört, musste die Probleme der hohen Zinsbelastungen übernehmen, die durch die steigenden Kreditzinsen seit 2022 verschärft wurden. Während Baywa im operativen Geschäft schwarze Zahlen schreibt, ließen die Zinszahlungen von 2021 bis 2023 drastisch ansteigen – von 122 Millionen auf 362 Millionen Euro.
Zudem steht ein bedeutender Konsortialkredit über bis zu 2 Milliarden Euro im Fokus, von dem Ende 2023 bereits 1,4 Milliarden Euro beansprucht wurden. Dieser Kredit läuft im September 2025 aus, was zusätzlichen Druck auf die finanzielle Stabilität des Unternehmens ausübt.
Für den früheren CEO Lutz ist die Situation ebenso belastend. Er wechselte 2023 vom Vorstand zum Aufsichtsratsvorsitzenden, zog sich jedoch nach internen Streitigkeiten Anfang dieses Jahres aus dieser Position zurück. Lutz bleibt als Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags eine prominente Figur der bayerischen Wirtschaft.