In seiner ersten Regierungserklärung als frisch ernannter Premierminister Frankreichs vollführte François Bayrou einen Balanceakt, um sein Mitte-Rechts-Kabinett auf Kurs zu halten. Im Schatten der erdrückenden Staatsschulden Frankreichs plädierte Bayrou für Einsparungen, ließ jedoch Details vermissen, um sich alle Tage eitel Sonnenschein mit künftigen Verbündeten nicht zu vermiesen.
Die heftig umstrittene Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron steht dabei im Zentrum des politischen Schachspiels. Bayrou, gewitzt und diplomatisch, delegiert die Überarbeitung der Reform an die Sozialpartner des Landes. Drei Monate gibt er ihnen, eine gerechtere Lösung auszuarbeiten – vorausgesetzt, es entstehen keine zusätzlichen Kosten. Diese diplomatische Tanzfläche könnte den gestörten Frieden zwischen Sozialisten und Konservativen wiederherstellen, wobei letztere unnachgiebige Verfechter der gegenwärtigen Reform sind. Ein geschickter Zug, um einem Misstrauensvotum der Linkspartei zuvorzukommen.
Auf einem weniger stabilen Terrain steht Bayrou dagegen in Haushaltsfragen. Frankreichs Verschuldung bleibt das drängendste Problem, und ohne konkrete Pläne zur Budgetstabilisierung droht ihm ein Schicksal wie seinem Vorgänger. La France Insoumise hat bereits mit einem Misstrauensvotum gedroht, sollten die Reden des Premiers nichts als Schall und Rauch bleiben.
Selbstbewusst vertritt Bayrou allerdings Themen, die auf der konservativen Agenda stehen, wie die Zuwanderungskontrolle, und lotet Möglichkeiten einer Wahlrechtsänderung aus. Ein Verhältniswahlrecht könnte die politische Bühne Frankreichs zugunsten unterrepräsentierter Gruppen wie Marine Le Pens Rassemblement National verschieben.
Der 73-jährige Politiker bewies zudem mit seinem charismatischen Auftreten eine erheiternde Gelassenheit. Teilnehmern entlockte er ein Schmunzeln, als er in seinen Notizen die Übersicht verlor und konstatierte, dass seine Seiten durcheinandergeraten seien.