22. November, 2024

Unternehmen

Bayer am Tiefpunkt: Hoffnung durch Nubeqa, Belastung durch Glyphosat

Mit der erweiterten Zulassung des Krebsmedikaments Nubeqa verzeichnet Bayer einen Lichtblick in der Pharmasparte. Doch die Aktie bleibt auf einem 20-Jahres-Tief – die Altlasten von Glyphosat und ein schwächelndes Agrargeschäft belasten den Konzern schwer.

Bayer am Tiefpunkt: Hoffnung durch Nubeqa, Belastung durch Glyphosat
Seit der Monsanto-Übernahme 2018 hat Bayer Milliarden für Glyphosat-Klagen aufgewendet. Eine Entscheidung des obersten US-Gerichts könnte das Problem klären – aber erst in Jahren.

Ein Lichtblick: Nubeqa erhält erweiterte Zulassung

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat die Indikationserweiterung für Bayers Prostatakrebsmittel Nubeqa genehmigt. Das Medikament mit dem Wirkstoff Darolutamid darf nun auch in Kombination mit Androgendeprivationstherapie (ADT) bei Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakrebs eingesetzt werden.

Mit über einer Milliarde Euro Umsatz im Jahr 2024 gehört Nubeqa bereits jetzt zu den sogenannten Blockbustern – ein Hoffnungsträger für den gebeutelten Pharmariesen.

Quelle: Eulerpool

Die erweiterte Zulassung stärkt Bayers Position im Onkologiemarkt und könnte die Basis für zukünftiges Wachstum bilden. „Mit Nubeqa setzen wir einen wichtigen Meilenstein in der Krebstherapie“, erklärte Bayer in einer Pressemitteilung. Doch die Freude wird durch die anhaltenden Probleme im Agrar- und Rechtsbereich getrübt.

20 Jahre zurückgeworfen: Bayers Aktie stürzt ab

Die Aktie des einstigen DAX-Aushängeschilds fiel am Donnerstag auf ein Niveau, das zuletzt im Herbst 2003 erreicht wurde. Direkt nach Handelsbeginn sackte der Kurs auf 18,93 Euro ab, bevor er sich leicht erholte.

Dennoch bleibt die Stimmung der Anleger gedrückt. Seit ihrem Rekordhoch 2015 hat die Bayer-Aktie rund 90 Prozent an Wert verloren, womit der Konzern an der Börse nur noch 19 Milliarden Euro wert ist – ein dramatischer Absturz für den einst wertvollsten Konzern Deutschlands.

Mit über einer Milliarde Euro Umsatz und der erweiterten FDA-Zulassung für die Prostatakrebsbehandlung gibt das Medikament Bayer einen dringend benötigten Lichtblick – doch kann es den Gesamtkonzern retten?

„Bayer kämpft an zu vielen Fronten gleichzeitig“, kommentiert Marktstratege Konstantin Oldenburger von CMC Markets. Besonders die enttäuschenden Jahresziele und schlechte Ergebnisse im Agrargeschäft, vor allem in Lateinamerika, lasten schwer. Milliardenverluste und hohe Sonderabschreibungen im dritten Quartal sorgen zusätzlich für Unsicherheit.

Glyphosat – ein Fass ohne Boden

Die Glyphosat-Klagewelle bleibt die größte Altlast, die Bayer lähmt. Seit der Übernahme von Monsanto im Jahr 2018 hat der Konzern Milliarden für Vergleichszahlungen aufgewendet.

Doch die Rechtsunsicherheit bleibt. Bayer hofft, dass das oberste US-Gericht einen Fall annimmt und eine Grundsatzentscheidung trifft, die die rechtliche Grundlage zugunsten des Konzerns klären könnte. Solch ein Urteil könnte Bayer entlasten – doch das Verfahren wird sich über Jahre hinziehen.

„Glyphosat ist ein finanzielles und emotionales Erbe, das Bayer erst noch bewältigen muss“, urteilt ein Branchenexperte.

Währenddessen schwindet das Vertrauen der Anleger, die noch immer auf einen Befreiungsschlag warten.

Historische Parallelen: Lipobay-Skandal und der Turnaround

Die aktuelle Krise erinnert an den Lipobay-Skandal, der Bayer Anfang der 2000er Jahre an den Rand der Existenz brachte. Damals zwang der Rückruf des Cholesterinsenkers den Konzern zu einem umfassenden Umbau. Tausende Stellen wurden gestrichen, das Chemiegeschäft abgespalten und als LANXESS an die Börse gebracht. Die Wende gelang – die Aktie stieg bis 2015 auf ein Rekordhoch.

Heute steht Bayer vor ähnlichen Herausforderungen. Seit Juni 2023 versucht der neue CEO Bill Anderson, mit radikalen Maßnahmen wie einer verschlankten Verwaltung die Kosten zu senken. Doch Analysten fordern mehr: Strategische Neuausrichtungen und eine überzeugende Vision für die Zukunft des Konzerns.