Der Pharma- und Agrarkonzern Bayer steckt in der Krise. Ein US-Geschworenengericht hat den Konzern in einem Glyphosat-Prozess zur Zahlung von über 1,5 Milliarden US-Dollar verurteilt. Zusätzlich brach Bayer überraschend eine klinische Studie mit dem vielversprechenden Medikament Asundexian ab. Die Aktien des Unternehmens sanken daraufhin im Montagshandel zeitweise um 19 Prozent.
Wie Bayer am Sonntagabend in Berlin mitteilte, beendete der Konzern vorzeitig eine Phase-III-Studie, die Asundexian mit Apixaban bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko verglichen hat. Diese Entscheidung basierte auf der Empfehlung des unabhängigen Data Monitoring Committee (IDMC) im Rahmen der laufenden Studienüberwachung. Es zeigte sich eine geringere Wirksamkeit von Asundexian im Vergleich zur Standardbehandlung. Bayer will die Daten weiter analysieren. Das Medikament wurde als Nachfolger des Blockbuster-Medikaments Xarelto gehandelt und sollte einen Jahresspitzenerlös von mehr als 5 Milliarden Euro erwirtschaften.
Analysten sehen in dem Ausfall von Asundexian massive Probleme für das Pharmageschäft von Bayer. Eine niedrigere Bewertung sei angebracht, da die Unsicherheit nach dem Patentablauf von wichtigen Mitteln wie Xarelto und Eylea nun ohne Asundexian noch größer ist, so Emily Field von der britischen Bank Barclays. Auch Charlie Bentley vom Analysehaus Jefferies bezeichnet den Abbruch der Studie als herben Rückschlag für die Entwicklungs-Pipeline des Konzerns. Die Herausforderungen für den neuen Konzernchef Bill Anderson würden dadurch noch größer. Zudem ist die Pipeline schwach, Investitionen sind erforderlich und die Verschuldung ist hoch. Zusätzlich wird der Konzern von weiteren Rechtsstreitigkeiten belastet.
Bereits am Freitag wurde Bayer zur Zahlung von über 1,5 Milliarden US-Dollar an drei ehemalige Anwender des Unkrautvernichters Roundup verurteilt. Die Kläger machen das umstrittene Produkt für ihre Krebserkrankungen verantwortlich. Bayer kündigte an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen und verwies auf Verstöße gegen die amerikanische Verfassung sowie falsche Darstellungen der regulatorischen und wissenschaftlichen Fakten durch die Kläger. Das Unternehmen ist weiterhin von der Sicherheit von Glyphosat überzeugt.
Diese Probleme sind eine Folge der 2018 erfolgten Übernahme von Monsanto durch Bayer. Seitdem kämpft der Konzern mit zahlreichen Klagen in den USA. Bayer hatte bereits ein milliardenschweres Programm aufgelegt, um die meisten Klagen ohne Haftungseingeständnis beizulegen. Ein Großteil der Klagen wurde bereits abgewickelt. Die aktuellen Gerichtsniederlagen könnten jedoch darauf hinweisen, dass Bayer einen beträchtlichen Teil oder sogar die gesamte Rückstellung von 6,4 Milliarden US-Dollar für Glyphosat-Klagen benötigen wird, so Analysten der Bank Morgan Stanley.