06. September, 2024

Politik

Bangladesch: Oberstes Gericht entschärft umstrittene Quotenregelung

Bangladesch: Oberstes Gericht entschärft umstrittene Quotenregelung

Nach intensiven Studentenprotesten in Bangladesch, die in Gewalt auf den Straßen und zahlreichen Todesfällen endeten, hat das Oberste Gericht des Landes einen Kompromiss im Konflikt beschlossen. Die Obersten Richter Bangladeschs reduzierten die geplante Wiedereinführung einer bis 2018 geltenden und kontroversen Quotenregelung im Öffentlichen Dienst erheblich, wie von BBC Bangla berichtet wurde. Die Reaktion der Studenten auf diese Entscheidung bleibt noch abzuwarten. Seit Beginn der Proteste am Dienstag sind lokalen Medien zufolge über 110 Menschen ums Leben gekommen.

Das Gericht entschied, dass künftig nur noch 7 Prozent der begehrten Stellen an Nachfahren von Soldaten des Unabhängigkeitskriegs von 1971 vergeben werden sollen, anstelle der früheren 30 Prozent. Der Unabhängigkeitskrieg, der das Land von Pakistan trennte, wurde maßgeblich von der regierenden Awami-Liga unter der Führung von Premierministerin Sheikh Hasina getragen.

Die restlichen 93 Prozent der Stellen sollen gemäß dem Gerichtsurteil auf Grundlage von Leistung vergeben werden. Dies entspricht einer wichtigen Forderung der protestierenden Studenten. In dem armen Land mit 170 Millionen Einwohnern bieten gut dotierte Stellen im Öffentlichen Dienst jungen Akademikern eine seltene Chance, die Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

Zwar begrüßten führende Vertreter der Studentenproteste das Urteil, planen jedoch, weiter zu demonstrieren. Eine klare Strategie, wie es weitergehen soll, fehlt bislang. Forderungen umfassen die Freilassung aller inhaftierten Studenten und sogar den Rücktritt der Regierung. Justizminister Anisul Haque lobte das Urteil als "sehr umsichtig" und versprach eine rasche Umsetzung.

Die Proteste, die Anfang Juli begannen, eskalierten nach der Anordnung einer Wiedereinführung des zuvor abgeschafften Quotensystems durch ein Gericht. Seit Mitternacht am Freitag herrscht im Land eine Ausgangssperre, unterstützt durch die stationierte Armee. Trotz der Sperre kam es laut BBC Bangla weiterhin zu gewaltsamen Vorfällen. Am Sonntag wurde die Ausgangssperre kurzzeitig gelockert, damit die Bevölkerung notwendige Besorgungen machen konnte; für Montag wurde ein Feiertag angesetzt.

Lokale Tageszeitungen wie "Prothom Alo" und "The Daily Star" waren am Wochenende nicht online verfügbar, da die Regierung Internet-, Telefon- und SMS-Verbindungen weitgehend kappen ließ. Offizielle Bestätigungen der Opferzahlen blieben aus.

Neben dem Quotenstreit gab es in der Vergangenheit wiederholt Proteste gegen die Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina, die seit 2009 an der Macht ist. Während ihre Amtszeit von wirtschaftlichem Aufschwung geprägt war, leidet die Bevölkerung derzeit unter hoher Inflation. Die Opposition und Menschenrechtsorganisationen werfen Hasina unter anderem Wahlmanipulation und gezielte Unterdrückung politischer Gegner vor.