Mehr als drei Jahrzehnte nach der erneuten Erlangung ihrer Unabhängigkeit haben Estland, Lettland und Litauen einen bedeutenden Meilenstein in ihrer Energiepolitik erreicht. Am vergangenen Samstag lösten sich die drei baltischen EU- und NATO-Staaten endgültig aus dem russischen Stromnetz, dem sie seit Zeiten der Sowjetunion verbunden waren. Ein historischer Schritt, der reibungslos und ohne Auswirkungen auf die Verbraucher erfolgte, wie die jeweiligen Netzbetreiber bekanntgaben.
Für einen kurzen Zeitraum sollen die baltischen Staaten ihre Stromnetze eigenständig betreiben. Am Sonntag ist dann der Anschluss an das europäische Stromnetz über Polen geplant. Vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen, verstärkt durch den russischen Einmarsch in die Ukraine, hatten Estland, Lettland und Litauen schon zuvor ihre Stromimporte aus Russland eingestellt. Die Trennung von dem gemeinsamen sowjetischen Netz galt als überfälliger Sicherheitsakt.
Die Energieabhängigkeit von Russland, die viele Jahrzehnte bestand, wird nun endgültig überwunden. Dies erlaubt den baltischen Staaten künftig die Kontrolle über fundamentale Systemparameter wie Frequenz und Spannung. In Europa wird dieser Schritt als bedeutender Sieg für die Souveränität und Einheit wahrgenommen. „Russland kann Energie nicht länger als Erpressungsinstrument einsetzen“, äußerte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas.
Die Bemühungen um eine Integration in das europäische Stromnetz begannen bereits 2009 und erhielten durch die Ukraine-Krise einen deutlichen Schub. Ursprünglich war die Synchronisierung für 2026 vorgesehen, doch die geopolitische Lage beschleunigte das Vorhaben erheblich. Finanziert von der EU, belaufen sich die Infrastrukturkosten auf rund 1,6 Milliarden Euro.