Die Digitalisierung des deutschen Schienennetzes, einst als Meilenstein der modernen Verkehrspolitik gefeiert, entwickelt sich zunehmend zu einem finanziellen Desaster.
Neueste Berichte, darunter ein umfassendes Gutachten von McKinsey und weiteren Branchenexperten, zeigen auf, dass die Kosten für die Implementierung modernster Technologien im Bahnverkehr nun bei erschreckenden 69 Milliarden Euro liegen – mehr als doppelt so hoch wie ursprünglich geplant.
Explosion der Kosten
Was 2018 noch mit einem Investitionsbedarf von 28 Milliarden Euro veranschlagt wurde, hat sich durch steigende Anforderungen an Technik und Infrastruktur sowie unvorhergesehene Ausgaben nahezu verdreifacht.
Allein die Umrüstung der Züge auf automatisierte Steuerungssysteme verschlingt nun 38 Milliarden Euro – ein drastischer Anstieg im Vergleich zu den anfänglich veranschlagten 4 Milliarden.
Zu den Gründen für diese Kostenexplosion zählen unter anderem die gestiegenen Preise für Bauleistungen und die technologische Aufrüstung der Züge.
Technologischer Fortschritt mit Hindernissen
Die Modernisierung verspricht viele Vorteile: eine höhere Kapazität der Schienenwege, verbesserte Pünktlichkeit und eine Reduktion des Energieverbrauchs durch effizienteres Fahren. Diese Vorteile kommen jedoch zu einem hohen Preis und mit erheblicher Verzögerung.
Die vollständige Umsetzung der digitalen Infrastruktur wird nicht vor 2036 erwartet, mit einer flächendeckenden Einführung des europäischen Zugsteuerungssystems ETCS sogar erst 2043.
Wirtschaftlichkeit in ferner Zukunft
Trotz der hohen Investitionen behauptet das Gutachten, dass sich diese langfristig rechnen werden. Bis 2070 soll der Nutzen der Investitionen 102,5 Milliarden Euro erreichen, getrieben durch Einsparungen bei den Personalkosten und Effizienzsteigerungen. Doch diese Prognose hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der nahtlosen Integration der neuen Technologien und der Akzeptanz durch die Nutzer.
Fehlende Koordination und Budgetsorgen
Ein weiteres großes Problem ist das Fehlen einer zentralen Steuerung der Digitalisierungsprojekte. Das Gutachten kritisiert die fragmentierte Vorgehensweise der Bahn, bei der jedes Bundesland seine eigenen Projekte durchführt, ohne eine einheitliche Richtung oder Koordination.
Zusätzlich steht die Deutsche Bahn vor einem erheblichen Budgetdefizit für die Jahre 2025 bis 2030, was zu weiteren Verzögerungen oder sogar einem teilweisen Stopp der Digitalisierung führen könnte.
Die Vision einer vollständig digitalisierten und automatisierten deutschen Bahnlinie bleibt bestehen, doch der Weg dorthin ist steiniger und kostspieliger als je zuvor.
Angesichts der massiven Investitionen und der langen Amortisationszeit stellt sich die Frage, ob dieses Großprojekt in seinem derzeitigen Rahmen realistisch und finanzierbar bleibt.