Ein vertrauliches Dinner mit einer illustren, aber offenbar brisanten Gästeliste: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sieht sich starker Kritik ausgesetzt, nachdem Details zu einem umstrittenen Treffen im September bekannt wurden.
Wer beim Abendessen zum Nahost-Konflikt anwesend war, bleibt bis heute weitgehend im Dunkeln. Das Auswärtige Amt schweigt – zum Unmut der Öffentlichkeit, die von einem „vertraulichen“ Austausch erfährt, der wohl Israelfeinde und Kritiker der deutschen Nahost-Politik vereinte.
Vertraulichkeit als Totschlagargument?
Die Regierung begründet ihre Schweigsamkeit mit der „vertraulichen Atmosphäre“ des Treffens. Laut einem 20-seitigen Schriftsatz an das Verwaltungsgericht Berlin stehe eine Namensnennung im Widerspruch zu den Interessen der „auswärtigen Beziehungen“ und könnte „die Stellung der Bundesrepublik als verlässlicher Vermittler massiv“ gefährden.
Doch wie glaubwürdig ist diese Position, und was steckt tatsächlich dahinter? Kritiker werfen dem Auswärtigen Amt vor, die Vertraulichkeit als Schutzschild zu nutzen, um peinliche Details zu verbergen.
Jurist Steinhöfel zweifelt die Argumentation an und nennt sie „abenteuerlich“. „Wenn es tatsächlich um den Schutz der internationalen Beziehungen ginge, wieso dann überhaupt ein derart fragwürdiges Dinner?“, fragt er rhetorisch.
Gäste mit kontroversem Hintergrund
Bekannt wurde bislang, dass die ehemalige NDR-Journalistin Alena Jabarine und die Autorin Emilia Roig unter den Gästen waren – beide bekannt für israelkritische bis antisemitische Äußerungen.
Jabarine, die wiederholt auf Social Media „ethnische Säuberungen“ durch Israel und „israelische Kriegsverbrechen“ thematisierte, teilte nach dem Treffen noch weitere kontroverse Ansichten. Auch Roig, die in der Vergangenheit durch israelfeindliche Aussagen auffiel, war beim Abendessen anwesend. Doch wer die weiteren Gäste waren, bleibt unter Verschluss.
Für Andrea Kiewel, Moderatorin beim ZDF, eine problematische Haltung: In einem offenen Brief fordert sie Klarheit über die Gästeliste.
„Wir müssen wissen, ob sich unsere Außenministerin an einen Tisch setzt mit Personen, die eine perfide Täter-Opfer-Umkehr betreiben,“ so Kiewel.
Fragwürdige Argumentation: „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“
Besonders irritierend ist die Behauptung der Bundesregierung, dass eine Offenlegung der Gästeliste sogar „die öffentliche Sicherheit gefährden“ könne.
Laut dem Schreiben an das Verwaltungsgericht Berlin seien „berechtigte schutzwürdige Interessen“ der Teilnehmer und deren Persönlichkeitsrechte sowie der internationale Status Deutschlands zu schützen. Diese Argumentation wirkt auf Kritiker zunehmend konstruiert, um einer sachlichen Antwort auszuweichen.
Unklarheiten und Widersprüche
Das Auswärtige Amt teilt mit, dass man versucht habe, „ein möglichst breites Meinungsspektrum“ zu repräsentieren. Doch laut CDU-Politiker Frei wird dieses Antwortverhalten den parlamentarischen Standards nicht gerecht.
Er fordert daher, dass die „verfassungsrechtlichen Grundlagen der Auskunftsverweigerung“ offengelegt werden. Besonders pikant: E-Mails zur Planung des Dinners liegen dem Gericht zwar vor, die Namen der Gäste sind jedoch komplett geschwärzt.
Die Opposition sieht in der selektiven Geheimhaltung eine bedenkliche Entwicklung. Frei verlangt „endlich konkrete Antworten auf eine berechtigte parlamentarische Anfrage.“
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Ein politisches Dilemma
Während die Außenministerin auf diplomatische Diskretion setzt, geraten sie und das Auswärtige Amt zunehmend in Erklärungsnot. Die Offenlegung der Gästeliste könnte einerseits die Kritik an ihrer Auswahl verstärken, andererseits aber auch die außenpolitischen Beziehungen belasten.
Für Broder steht jedoch fest: „Wer eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, muss sich öffentlicher Kritik stellen, erst recht, wenn das Vorgehen fragwürdige und gesellschaftlich polarisierende Personen einbezieht.“
Auch Steinhöfel kündigt an, den Rechtsweg weiter zu verfolgen, sollte keine klare Antwort kommen.