19. Februar, 2025

Automobile

Autonom und vernetzt: So nah ist die Zukunft des Fahrens bereits

Eine Probefahrt in Berlin zeigt, wie Autos schon bald mit Fußgängern, Ampeln und anderen Fahrzeugen kommunizieren – und dadurch den Verkehr sicherer und smarter machen sollen.

Autonom und vernetzt: So nah ist die Zukunft des Fahrens bereits
Vernetzte Autos warnen vor Gefahren, bevor sie sichtbar sind – doch die flächendeckende Einführung bleibt eine Herausforderung.

Ein Polizeiauto nähert sich, noch außer Sichtweite – doch das Testfahrzeug in Berlin weiß es längst. Auf dem Display blinkt eine Warnung, zeigt die genaue Entfernung und Richtung des Einsatzfahrzeugs an. Was wie Zukunftsmusik klingt, ist dank moderner Vernetzungstechnologie schon heute möglich.

Eine gemeinsame Probefahrt von Mercedes, Bosch und Mobilfunkanbietern beweist, dass die Autos der Zukunft nicht mehr fern sind – und sie könnten nicht nur den Verkehr flüssiger machen, sondern auch Leben retten.

Vernetzung als Schlüssel: Wenn Autos „sehen“, was der Fahrer nicht sieht

Die Vision ist klar: Autos, die miteinander und mit ihrer Umgebung kommunizieren, warnen vor Gefahren und reagieren schneller als jeder Mensch. Ein Beispiel: Während der Fahrer noch nichts ahnt, meldet der Bordcomputer bereits eine Radfahrerin hinter der Kurve. Sekunden später wird sie sichtbar – doch das Auto wusste längst Bescheid.

Möglich wird das durch „Vehicle to X“ (V2X) – eine Technologie, die Fahrzeuge mit anderen Verkehrsteilnehmern, Ampeln oder Radargeräten vernetzt. Der Clou: Sogar Fußgänger und Radfahrer ohne spezielle Sensoren können Teil des Systems werden, indem sie einfach ein Smartphone mit sich führen.

Ab 2026 sollen Serienfahrzeuge freie Parkplätze erkennen und teilen – die Kostenfrage für Autofahrer bleibt jedoch offen.

In Berlin demonstrierten Vodafone und Telekom, wie ein handelsübliches Handy ausreicht, um Bewegungen in Echtzeit an Autos zu senden. Die Folge: Frühzeitige Warnungen, weniger Unfälle.

Smartphone statt Hightech – wie simpel Vernetzung schon heute funktioniert

Auf der Testfahrt werden Statisten mit Smartphones ausgestattet, die ihre Position über das Mobilfunknetz an die Fahrzeuge senden. Radfahrer, Bauarbeiter, Fußgänger – alle tauchen als farbige Symbole auf den Displays der Autos auf. Kommt eine Person der Fahrbahn zu nahe, ertönt eine Warnung.

Dabei funktioniert der Datenaustausch auch über verschiedene Netzanbieter hinweg – ein entscheidender Schritt für die Praxis.

Noch spannender wird es, wenn kein Mobilfunknetz zur Verfügung steht. Autos können auch direkt miteinander kommunizieren, über eine spezielle Funkfrequenz.

BMW, Audi und das Fraunhofer-Institut demonstrierten das mit drei Fahrzeugen, die dank Lidar-Scannern und Kameras ein geteiltes Sichtfeld haben. Selbst wenn ein Hindernis wie ein Kleinbus die Sicht versperrt, „sehen“ die Autos, was dahinter passiert – und zeigen es in Echtzeit im Display an.

Serienstart ab 2026: Die Roadmap zur vernetzten Mobilität

Was nach Science-Fiction klingt, ist in wenigen Jahren Alltag. Die 5G Automotive Association, ein globaler Zusammenschluss von Autoherstellern, Zulieferern und Mobilfunkunternehmen, hat Ende 2024 eine neue „Roadmap“ veröffentlicht.

Darin werden konkrete Meilensteine genannt: Ab 2026 sollen Serienfahrzeuge freie Parkplätze automatisch erkennen und teilen, ab 2028 sollen Autos kooperative Manöver durchführen – etwa selbstständig Rettungsgassen bilden. Dynamisches Kreuzungsmanagement, das den Verkehrsfluss intelligent steuert, wird für 2029 erwartet.


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Sicherer, effizienter, komfortabler – aber auch bezahlbar?

Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Unfälle, besserer Verkehrsfluss und weniger Stress für Fahrer. Doch die große Frage bleibt: Was kostet die Technik – und wer bezahlt sie? Schon heute sind Neuwagen in der EU dank „eCall“-System mit Mobilfunk ausgestattet, doch viele der geplanten Funktionen erfordern neue Software und Sensoren.

Hersteller wie BMW und Audi planen, die Technologie bis 2027 serienreif zu machen. Doch wie viele Autofahrer werden bereit sein, für diese Features zu zahlen?

Auch datenschutzrechtliche Fragen stehen im Raum. Kritiker warnen vor einer „Überwachung auf Rädern“, wenn Bewegungsprofile von Verkehrsteilnehmern erfasst und übertragen werden. Befürworter entgegnen, dass die Daten anonymisiert und ausschließlich für den Verkehrsfluss genutzt werden.

Vernetzte Städte und smarte Infrastruktur: Berlin als Testlabor

Berlin dient bereits als Testfeld für die vernetzte Zukunft. Radargeräte an Kreuzungen erfassen Fußgänger, Ampeln kommunizieren mit Fahrzeugen, und Autos teilen ihre Daten über freie Parkplätze. Vodafone und Telekom zeigen, dass auch bestehende 4G-Netze für viele Anwendungen ausreichen – das schnelle 5G ist nicht immer nötig.

Die große Herausforderung bleibt jedoch die flächendeckende Einführung. Solange nur wenige Fahrzeuge vernetzt sind, bleiben die Vorteile begrenzt. Doch mit rund 300 Millionen vernetzten Autos weltweit wächst das Potenzial rapide. Hersteller setzen auf schnelle Verbreitung, um Skaleneffekte zu erzielen – und um die Sicherheit für alle zu erhöhen.

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