16. Oktober, 2024

Wirtschaft

Aufschwung der Gewerkschaften: Anstieg der Wahlen und Beschwerden

Aufschwung der Gewerkschaften: Anstieg der Wahlen und Beschwerden

Die US-amerikanische Arbeitnehmerlandschaft scheint sich im Aufbruch zu befinden. Nach jüngsten Angaben des National Labor Relations Board (NLRB) wurden im vergangenen Jahr doppelt so viele Anträge auf Gewerkschaftswahlen gestellt wie noch 2021. Diese Zahlen reflektieren einen landesweiten Trend, bei dem sich verstärkt Beschäftigte in bislang gewerkschaftsfreien Branchen organisieren. Das NLRB meldete 3.286 Wahlanträge im Fiskaljahr, das am 30. September endete – ein Plus von 27 % im Vergleich zum Vorjahr. Interessanterweise war 2021, als der demokratische Präsident Joe Biden sein Amt antrat, bereits ein Jahr mit intensiven gewerkschaftlichen Aktivitäten. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Beschwerden über illegale Arbeitspraktiken um 7 % und erreichte den höchsten Stand seit 2016 mit rund 21.300 Vorwürfen. Präsident Biden, der sich einst als der gewerkschaftsfreundlichste Präsident der US-Geschichte bezeichnete, erklärte: 'Wenn es den Gewerkschaften gut geht, profitieren alle Arbeitnehmer und letztlich auch die gesamte Wirtschaft.' Dennoch bleibt der Anteil der durch Gewerkschaften vertretenen US-Arbeitnehmer auf historisch niedrigem Niveau von etwa 11 %. Im aktuellen Kontext kämpfen Großkonzerne wie Starbucks, Amazon.com, Wells Fargo und Apple erstmals mit gewerkschaftlichen Kampagnen. Trotz der Steigerung der gewerkschaftlichen Aktivitäten bleibt der gewerkschaftliche Organisationsgrad in der Privatwirtschaft mit nur 6 % besonders gering. Andererseits haben sich die Gewinnraten der Gewerkschaften bei den Wahlen erhöht, mit 79 % erfolgreichen Wahlentscheidungen seit dem letzten Fiskaljahr. Die NLRB-Geschäftsführerin Jennifer Abruzzo sieht das gesteigerte Interesse an Gewerkschaftswahlen in einer stärkeren Bewusstseinsbildung der Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Rechte begründet. In diesem Prozess gewinnen oft vernachlässigte, schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen zunehmend an Selbstbewusstsein und fordern ihren Platz am Verhandlungstisch. Brian Petruska von der Laborers International Union of North America Mid-Atlantic Region bemerkte, dass selbst akademisch hochgebildete Arbeitskräfte in nicht-traditionell gewerkschaftlichen Bereichen sich vermehrt für eine gewerkschaftliche Organisation interessieren. Ein Beispiel hierfür sind Ärzte, die sich angesichts der zunehmenden Übernahmen von Arztpraxen durch Private-Equity-Firmen verstärkt zu organisieren beginnen.