07. April, 2025

Unternehmen

Audis Zoll-Desaster

US-Zölle treffen die VW-Tochter unvorbereitet – und härter als die Konkurrenz. Jetzt sucht der Konzern fieberhaft nach Auswegen: von Preiserhöhungen bis zur Produktion in South Carolina.

Audis Zoll-Desaster
Mit nur 4,6 % Marge in den USA kann Audi die zusätzlichen Zollkosten nicht ausgleichen – das Ziel von 11–12 % Rendite rückt in weite Ferne.

Die Nachricht traf Audi mit voller Wucht: Seit dem 3. April erhebt die US-Regierung unter Präsident Donald Trump pauschal 25 Prozent Zoll auf importierte Autos.

Während BMW und Mercedes aus ihren US-Werken liefern können, hat Audi kaum etwas entgegenzusetzen.

Die Folge: Die VW-Tochter könnte bis zu zehn Prozent ihres weltweiten Absatzes verlieren – allein durch die neuen Handelsbarrieren in ihrem zweitwichtigsten Markt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Noch nicht.

Zwei Optionen – beide tun weh

Audi steht vor einer binären Entscheidung: Entweder die Preise für fast alle US-Modelle um bis zu 25 Prozent erhöhen – oder den Verlust selbst tragen. Beides gefährdet die ohnehin knappe Marge, die in den USA bei rund 4,6 Prozent liegt.

„Das kann sich Audi dauerhaft nicht leisten“, sagt ein mit der Planung vertrauter Konzernmanager.

Die Folge wäre ein radikaler Rückzug aus dem Volumengeschäft – in einem Moment, in dem der Konzern eigentlich wachsen will.

Fast alle Audi-Modelle für den US-Markt stammen entweder aus Europa oder aus dem mexikanischen Werk in San José Chiapa. Betroffen sind Q3, A4, A6, Q5, Q4 e-tron – kurz: fast das gesamte Sortiment.

Mexiko als Achillesferse

Das Werk in Mexiko wurde 2016 als Brückenkopf für Nordamerika errichtet. Heute produziert es fast ausschließlich den Q5 – Audis Bestseller in den USA. Doch ausgerechnet Mexiko zählt zu den Hauptzielen der neuen Trump-Zölle.

2024 wurden dort knapp 144.000 Q5 gefertigt, fast 60.000 davon gingen in die USA. Künftig drohen Absatz- und Produktionsrückgänge – mit Folgen für Beschäftigung und Auslastung.

Ein möglicher Produktionsverlagerung des Q4 e-tron in die USA könnte das bereits angeschlagene Werk Zwickau weiter belasten – und neuen Streit mit den Betriebsräten entfachen.

Eine schnelle Produktionsverlagerung ist laut Konzernkreisen ausgeschlossen. Zwar gäbe es Überlegungen, Modelle wie den A3 oder A4 von Europa nach Mexiko zu bringen. Doch das würde nicht nur Zeit, sondern auch die Zustimmung der Arbeitnehmervertretung erfordern. Und die hat in Deutschland ohnehin bereits die Handbremse gezogen.

Q4 e-tron: Ein Umzug mit begrenztem Effekt

Eine mittelfristige Lösung könnte ein Teilumzug des Q4 e-tron nach Chattanooga sein – in das US-Werk von Volkswagen, wo bereits der ID.4 gebaut wird. Doch die Stückzahlen sind gering, die Margen dünn.

Im vergangenen Jahr wurden nur rund 11.400 Q4 e-tron in den USA verkauft. Die Verlagerung würde zudem zwei Jahre dauern – Zeit, die Audi nicht hat.

Ein größerer Hoffnungsträger ist der Q6 e-tron. Er könnte langfristig in den USA gebaut werden – doch das Modell ist gerade erst in Europa gestartet, ein möglicher Fertigungswechsel würde frühestens ab Ende des Jahrzehnts greifen.


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Scout wird zum Rettungsanker

Die vielversprechendste Perspektive liegt derzeit in South Carolina. Dort baut Volkswagen ein neues Werk für die US-Marke Scout. Parallel lässt Audi ein elektrisches SUV speziell für den US-Markt entwickeln – auf Basis der Scout-Technologie, mit gemeinsamem Antriebsstrang.

In Ingolstadt wird sogar diskutiert, das Modell mit Range-Extender anzubieten – also einem kleinen Verbrenner zur Reichweitenverlängerung.

Das hätte zwei Vorteile: die Unabhängigkeit von importierten Akkus und die Möglichkeit, mit einer lokal produzierten Lösung dem Zoll zu entkommen. Eine gemeinsame Produktion mit Scout wäre kostengünstig – und politisch opportun.

Druck aus China, Rückendeckung aus Wolfsburg

Für Audi kommt die Zolldebatte zur Unzeit. Die VW-Tochter kämpft in China mit schwindender Marktstellung, während der Druck aus Korea und den USA zunimmt. Gerade jetzt wollte man das US-Geschäft ausbauen – doch Trump macht die Rechnung zunichte.

VW-Chef Oliver Blume spielt deshalb auf mehreren Ebenen: Verhandlungen mit Washington, interne Standortdebatten, Strategieabgleich mit Porsche. Die Stuttgarter trifft es zwar ebenfalls – doch ihre Preissetzungsmacht ist höher. „Wer einen Porsche will, zahlt auch 25 Prozent mehr“, sagt ein VW-Insider trocken.

Audi hingegen sitzt zwischen den Stühlen: zu teuer für den Massenmarkt, zu schwach für den Premium-Thron. Bleibt nur, sich neu zu erfinden – mit Produkten, die exakt für den US-Markt gebaut werden.

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