Die Debatte um die Atomkraft ist in Deutschland wieder entflammt. Doch wer glaubt, dass sich stillgelegte Meiler einfach wieder ans Netz bringen lassen, wird von RWE-Chef Markus Krebber eines Besseren belehrt.
„Die Zeit der Atomkraft ist vorbei“, erklärte er deutlich und verwies auf wirtschaftliche und technische Hürden, die eine Rückkehr nahezu unmöglich machen.
„Will die Gesellschaft das wirklich?“
Die Union brachte zuletzt die Möglichkeit ins Spiel, abgeschaltete Atomkraftwerke wie Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 wieder hochzufahren, um die Energieversorgung zu stärken. Krebber hält das für unrealistisch:
„Die Anlagen sind abgeschaltet, und der Rückbau läuft. In Emsland arbeiten derzeit noch 480 Mitarbeiter daran.“
Der Aufwand, die stillgelegten Kraftwerke wieder betriebsbereit zu machen, sei enorm: langwierige Genehmigungsverfahren, milliardenschwere Investitionen in Nachrüstungen und die Rekrutierung von Fachpersonal, das längst nicht mehr verfügbar ist.
Hinzu kommt, dass Atomkraft keine Antwort auf kurzfristige Probleme ist. „Ein Neubau würde zehn Jahre oder mehr dauern. Und die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass die Projekte oft doppelt so teuer werden wie geplant“, so Krebber. Er spricht von zweistelligen Milliardenbeträgen – ein Risiko, das der Staat tragen müsste, wenn er den Neubau von Anlagen anstrebt.
Keine Hilfe bei aktuellen Engpässen
Der RWE-Chef sieht in der Atomkraft keine Lösung für die aktuellen Herausforderungen des deutschen Energiemarktes. Die letzten drei Meiler deckten gerade einmal sechs Prozent des Strombedarfs, ein Anteil, der durch den Ausbau erneuerbarer Energien längst kompensiert werden könnte.
„Atomkraft hilft nicht bei den derzeitigen Engpässen“, betonte Krebber.
Stattdessen seien schnelle Lösungen gefragt – etwa durch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien und den Ausbau von Speichertechnologien.
Abhängigkeit von Frankreich? Kein Problem
Auf die Kritik, dass Deutschland zunehmend französischen Atomstrom importiert, reagierte Krebber gelassen. „Das ist in Europa normal. In der Energiekrise hat Deutschland auch Frankreich unterstützt.“
Der grenzüberschreitende Austausch von Strom sei Teil des europäischen Binnenmarktes und eine bewährte Strategie, um kurzfristige Engpässe zu bewältigen. Zuletzt importierte Deutschland zwei Gigawatt französischen Stroms, doch diese Mengen sind im Kontext des gesamten Bedarfs überschaubar.
Fokus auf die Zukunft
Für Krebber liegt der Schlüssel zur Energiesicherheit in der konsequenten Weiterentwicklung erneuerbarer Energien. „Die Diskussion um Atomkraft lenkt von den eigentlichen Aufgaben ab“, sagte er.
Mit Investitionen in Wind- und Solarkraft sowie der nötigen Infrastruktur könne Deutschland seine Abhängigkeit von fossilen und nuklearen Energiequellen dauerhaft reduzieren. Gleichzeitig fordert er, bürokratische Hürden abzubauen und den Bau neuer Anlagen schneller zu ermöglichen.
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