Der britische Pharmariese AstraZeneca erlebt derzeit turbulente Zeiten in China. Die Verhaftung von Landeschef Leon Wang und mehreren weiteren Top-Managern hat zu einem drastischen Vertrauensverlust in den lokalen Kliniken geführt. Man erwartet einen "erheblichen" Einfluss auf die Umsatzzahlen im Land, insbesondere im Bereich der Onkologie, der im Zentrum der Ermittlungen chinesischer Behörden steht.
Die Verhaftung Wangs, die im Zuge einer breiteren Antikorruptionskampagne in China geschah, überraschte AstraZeneca unvorbereitet. Die Kampagne zielt darauf ab, die übermäßigen Kosten im Gesundheitssektor einzudämmen. Wang, der das Unternehmen zur größten ausländischen Absatzmacht im chinesischen Pharmamarkt geführt hatte, war bislang von staatlichen Medien als Förderer der heimischen Biotech- und Pharmabranche gefeiert worden. Trotz der Unklarheit über das Ausmaß der Einbußen ist die Umsatzdelle bereits deutlich spürbar.
Die Atmosphäre zwischen AstraZeneca und den chinesischen Kliniken ist angespannt. Ärzte meiden den Kontakt zu den Vertriebsmitarbeitern und ziehen es vor, auf chinesische Alternativen zurückzugreifen. Besonders betroffen scheinen die Krebsmittel Tagrisso und Imfinzi zu sein. Hoffnung setzt das Unternehmen auf das Brustkrebsmedikament Enhertu, dessen Aufnahme in die staatliche Krankenversicherung Ende November bekanntgegeben wurde.
Währenddessen verschärfte sich die Situation durch die Anklage gegen Verkäufer, die in der Vergangenheit für Versicherungsbetrug verurteilt wurden. Zu diesem Zeitpunkt fiel auch die Aktie von AstraZeneca, als die Nachricht über Wangs Verhaftung bekannt wurde. Trotz des anhaltenden Drucks wurde Iskra Reic als Krisenmanagerin eingesetzt. Ihre Erfahrungen, insbesondere während der Covid-19-Impfstoffproblematik in Europa, könnten von Vorteil sein, wenngleich Insider Zweifel an ihrem Erfolg in dieser komplexen Lage äußern.
Ein Rückweg zur Normalität erscheint für AstraZeneca in China momentan schwierig. Analysten sind dennoch optimistisch und erwarten höchstens moderate finanzielle Sanktionen. Angesichts der Herausforderungen und der jüngsten Investitionserhöhung muss sich das Unternehmen nun entscheidenden Fragen seiner Zukunftsfähigkeit im chinesischen Markt stellen.