Die von Xi Jinping vor einem Jahrzehnt ins Leben gerufene Anti-Korruptionskampagne zeigt ihre Wirkung, auch für den Pharmariesen AstraZeneca, der sich in einem umfassenden Vorgehen gegen Korruption in der Branche gefangen sieht. Der bislang prominenteste betroffene Manager ist Leon Wang, der Präsident des China-Geschäfts von AstraZeneca, der von den Behörden festgehalten wurde. Dies hat Pascal Soriot, den CEO des Unternehmens, veranlasst, eine umfassende Zusammenarbeit mit den Behörden zu versprechen und die Angelegenheit als äußerst ernst zu bezeichnen.
Diese Krise hat den zuvor stetigen Aufstieg von AstraZeneca erheblich beeinträchtigt, gerade weil China das zweitgrößte Absatzgebiet des Unternehmens ist. Die jüngsten Entwicklungen hatten zur Folge, dass AstraZeneca seinen Status als wertvollstes Unternehmen Großbritanniens verlor, während Soriot nach New York reiste, um dort die finanziellen Ergebnisse zu präsentieren und von einer 'freundlicheren' Umgebung zu berichten.
Korrupte Praktiken waren lange Zeit im chinesischen Gesundheitswesen verbreitet – von Bestechungen bis hin zu zweifelhaften Vergütungen für Vortragsgebühren. Doch mit zunehmendem Druck der Regulierungsbehörden wird der Raum für solche Praktiken enger, und AstraZeneca sieht sich mit den Risiken konfrontiert, die ihnen von Beginn an bekannt waren. Bereits 2021 begannen Ermittlungen gegen Mitarbeiter des Unternehmens wegen angeblicher Manipulation genetischer Tests, und kürzlich wurde bekannt, dass 100 von ihnen angeklagt wurden.
Zusätzlich werden gegenwärtig vier gegenwärtige und ehemalige Führungskräfte, darunter Eva Yin, wegen illegalen Medikamentenimports nach China ermittelt. Der Fall erinnert nicht nur an das Schicksal GSKs vor einem Jahrzehnt, sondern zeigt auch, dass AstraZeneca trotz seiner Marktbedeutung in China mehr als nur ein Auge auf die Compliance werfen muss.
Während Soriot kürzlich noch die Wachstumsbestrebungen in China lobte, hat das Unternehmen nun eine Investition von zwei Milliarden Dollar in den USA angekündigt. Die Anziehungskraft des US-Marktes mit dessen transparenter Rechtsprechung und starken Wachstumschancen ist im Vergleich zur zunehmend restriktiven Umgebung in China nicht von der Hand zu weisen.
Die Herausforderungen bleiben bestehen, und für AstraZeneca ist die Beziehung zu China trotz allem von weiterhin zentraler Bedeutung. Soriot ist gefordert, die Krise zu lösen und einen Ausgleich mit Peking zu finden, um die Partnerschaft nicht zu gefährden.