In einem Rechtsstaat, der seine Grundwerte hochhält, erwarten Bürgerinnen und Bürger Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit. Doch im Fall von Julian Assange, dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, sehen Kritiker diese Prinzipien schwer beschädigt. Ursprünglich stand Assange wegen Vergewaltigungsvorwürfen im juristischen Fokus, doch nun steht Spionage im Zentrum der Anklagen, ein Szenario, das an autoritäre Regime erinnert, nicht an gefestigte Demokratien wie die der USA oder Großbritanniens.
Die Hartnäckigkeit, mit der Washington Assange vor ein Gericht bringen möchte, ist lediglich die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht das Handeln der britischen Justiz, die Assange nicht freilässt und eine Strategie des Hinauszögerns zu verfolgen scheint. Sollte es zu einer Auslieferung an die USA kommen, könnten Assange bis zu 175 Jahre Haft erwarten – ein Maß, das als extrem unverhältnismäßig kritisiert wird. Diese Perspektive erscheint umso drakonischer, bedenkt man, dass die durch Wikileaks dokumentierten Verbrechen, darunter kaltblütige Tötungen, bis heute weitgehend ungeahndet blieben.
Man steht vor einem Kontrastbild, das die Welt auf den Kopf zu stellen scheint und für die britische Justiz insgesamt ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Die Option einer Freilassung von Assange wird als die einzig glaubwürdige Lösung gesehen, doch der Weg dahin erscheint versperrt. Eine verdrehte Situation, die viel über den Zustand der globalen Gerechtigkeit aussagt und zeigt, dass der Kampf für Transparenz und Wahrheit oft ein steiniger ist.