Gute Nachrichten für Patienten mit leichteren Erkrankungen: Ab sofort ist es nicht mehr zwingend erforderlich, sich zur Arztpraxis zu schleppen, um eine Krankschreibung zu erhalten. Der Gemeinsame Bundesausschuss des Gesundheitswesens beschloss am Donnerstag, ähnlich wie bei der Corona-Sonderregelung, eine dauerhafte Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Hausärzte begrüßten diese Entscheidung. Allerdings gab es von Arbeitgebern scharfe Kritik.
Die telefonische Krankschreibung ist an zwei Bedingungen geknüpft: Zum einen müssen die Patienten in der jeweiligen Arztpraxis bekannt sein. Zum anderen dürfen sie keine schweren Symptome haben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können sich die Patienten den Weg in die Praxis sparen. Bei schweren Symptomen ist jedoch eine persönliche Untersuchung notwendig, um die Erkrankung genauer abzuklären. Zudem darf keine Möglichkeit für eine Videosprechstunde bestehen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss gab an, dass Patienten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für bis zu fünf Tage telefonisch erhalten können. Für eine Folgebescheinigung ist ein Praxisbesuch notwendig. Falls die erste Bescheinigung in der Praxis ausgestellt wurde, ist eine Folgebescheinigung per Telefon möglich. Es besteht jedoch grundsätzlich kein Anspruch auf eine telefonische Krankschreibung.
Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses basiert auf einer während der Corona-Krise verlängerten Sonderregelung. Diese lief im Frühjahr aus. Damals konnten Ärzte eine Bescheinigung für sieben Tage ausstellen und die Patienten mussten nicht in der Praxis bekannt sein. Die aktuellen Bedingungen sind nun strenger.
Der Gemeinsame Bundesausschuss wurde im Sommer per Gesetz beauftragt, Regelungen zur telefonischen Krankschreibung festzulegen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach äußerte sich dazu positiv und betonte, dass sowohl die Arztpraxen als auch die Patienten von dieser Regelung entlastet werden. Besonders in Zeiten von Infektionen sei dies von großer Bedeutung. Das Gesundheitsministerium erhofft sich durch die neue Regelung auch einen Abbau von Bürokratie und vermeidet dadurch unnötige Arztbesuche.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) äußerte hingegen Kritik und sprach von einer "Fehlleistung der Gesundheitspolitik". Ihrer Meinung nach wird die Krankschreibung dadurch qualitativ entwertet, obwohl sie die Grundlage für die Lohnfortzahlung ist. Dies werde auch Auswirkungen auf den Betriebsfrieden haben, da eine Untersuchung in der Praxis immer die Basis für eine gesicherte Diagnosestellung war.
Der Gemeinsame Bundesausschuss verteidigte hingegen seine Entscheidung und betonte, dass es sich nicht um eine "Krankschreibung zweiter Klasse" handle. Monika Lelgemann, Mitglied des Gremiums, erklärte, dass die Regelungen der besonderen Verantwortung gerecht würden, die Krankschreibungen für den Arbeits- und Sozialrecht sowie die Wirtschaft hätten. Die medizinische Sorgfalt bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit müsse immer gewährleistet sein, auch bei einer telefonischen Untersuchung.
Der Hausärzteverband unterstützt die neue Regelung und hält sie für richtig. Markus Beier, Vorsitzender des Verbands, erklärte, dass die Hausarztpraxen derzeit extrem voll seien. Die telefonische Krankschreibung entlaste die Praxen in dieser angespannten Situation und helfe den Patienten. Der Verband hatte sich schon länger für die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung eingesetzt, wobei die Patienten in der jeweiligen Arztpraxis bekannt sein müssen. Laut dem Hausärzteverband ist das von Arbeitgeberseite angeführte Missbrauchsrisiko gering.