07. Oktober, 2024

Technologie

Ariane 6: Europas Raumfahrt vor bedeutsamen Aufbruch

Ariane 6: Europas Raumfahrt vor bedeutsamen Aufbruch

Nach einer Dekade des Wartens steht Europas Raumfahrt kurz vor einem entscheidenden Schritt. Am Dienstagabend soll die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 erstmals in den Himmel aufsteigen. Vom Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana, wird der Jungfernflug angestrebt, um nach Jahren der Unsicherheit im Trägerraketensektor endlich wieder eigene Wege zu eröffnen.

Bei erfolgreichem Start wird die 56 Meter hohe und 540 Tonnen schwere Rakete einen etwa dreistündigen Flug absolvieren. An Bord befinden sich auch deutsche Frachtgüter, darunter die Raumkapsel Nyx Bikini von The Exploration Company und die Satelliten OOV-Cube von RapidCubes sowie Curium One von Planetary Transportation Systems.

Die Wetterbedingungen für den Start sind vielversprechend. Anne-Sophie Chassagnou von der französischen Weltraumbehörde Cnes prognostiziert günstige Verhältnisse: "Die Tendenz ist großartig". Bereits vorab wurden Helium in ein Gefäß in der Hauptstufe gefüllt, und fünf Stunden vor der Startzeit sollen die Raketentanks betankt werden. Die abschließenden Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.

Die Ariane 6 ist der Nachfolger der von 1996 bis 2023 eingesetzten Ariane 5. Sie soll Satelliten sowohl für kommerzielle als auch für öffentliche Auftraggeber wesentlich kostengünstiger ins All befördern. Die Europäische Raumfahrtbehörde Esa hebt die modulare und flexible Konstruktion hervor, die je nach Mission angepasst werden kann.

Deutschland spielt hierbei eine wichtige Rolle. Walther Pelzer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt betont, dass die erneuerbare Oberstufe und das bis zu viermal zündbare Vinci-Triebwerk, die in Deutschland gefertigt wurden, essenzielle Innovationen sind.

Doch trotz dieser Fortschritte gibt es kritische Stimmen. Raumfahrtexperte Martin Tajmar von der TU Dresden merkt an, dass die Ariane 6 nicht auf dem neuesten Stand der Technik sei. Seit 2015 habe das amerikanische Unternehmen SpaceX mit seiner Falcon-9-Rakete Maßstäbe in der wiederverwendbaren Raumfahrt gesetzt. Esa-Raumtransportdirektor Toni Tolker-Nielsen deutet zumindest an, dass die Nachfolgegeneration der Ariane 6 eine wiederverwendbare Rakete sein werde.

Die Bedeutung der Ariane 6 reicht über technische Innovationen hinaus. Sie markiert Europas Bestrebungen, unabhängig Zugang zum All zu erlangen. Verzögerungen haben dazu geführt, dass Europa seit über einem Jahr keine eigenen Mittel hatte, größere Satelliten zu starten und auf die Falcon-9-Raketen von SpaceX zurückgreifen musste.

Auch der Sektor für kleinere Satelliten befindet sich in einer Krise. Der erste kommerzielle Start der Vega C scheiterte im Dezember 2022 und die Rakete soll erst im November wieder starten. Pelzer unterstreicht, dass der Erststart der Ariane 6 sowohl strategisch als auch industriepolitisch von enormer Bedeutung für Europa und Deutschland ist. Die Erwartungen sind hoch und das Engagement ist groß, um dieses Vorhaben zum Erfolg zu führen.