05. Oktober, 2024

Technologie

Ariane 6: Europas Neues Kapitel im Wettlauf ins All

Ariane 6: Europas Neues Kapitel im Wettlauf ins All

Nach einer Dekade des Wartens steht die neue Trägerrakete Ariane 6 kurz vor ihrem Debütflug. Europa hofft, damit seinen autonomen Zugang zum Weltraum zu sichern – zumindest für Satelliten. Mit dem bevorstehenden Jungfernflug am kommenden Dienstag soll ein Schlussstrich unter die schwere Krise des europäischen Trägerraketensektors gezogen werden. Doch während die Hoffnungen groß sind, bleibt die neue Rakete kommerziell hinter einigen Konkurrenten zurück.

Die Vorgängerin der Ariane 6, die Ariane 5, startete vor etwa einem Jahr letztmals ins All. Seitdem war es Europa nicht mehr möglich, selbstständig Satelliten ins Weltall zu bringen. Der misslungene Start der Vega C Ende 2022 und der Wegfall der Sojus-Rakete aufgrund des russischen Angriffskriegs haben die Situation zusätzlich verkompliziert. Vermehrt griff die Europäische Raumfahrtbehörde Esa daher auf die Dienste von SpaceX zurück.

Ein erfolgreicher Erstflug der neuen Ariane ist nun von entscheidender Bedeutung und wird vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana, aus erfolgen. Laut ArianeGroup stellt dieser Flug in vielerlei Hinsicht den ultimativen Test dar. Toni Tolker-Nielsen, Raumtransportdirektor der Esa, betont jedoch, dass alles Notwendige für den Erfolg unternommen wurde. Ein Fehlschlag wäre 'wirklich schlimm.'

Josef Aschbacher, Chef der Esa, sieht in der Ariane 6 eine neue Ära der autonomen und vielseitigen Raumfahrt. Mit niedrigeren Kosten als ihre Vorgängerin soll die Rakete die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken. Die Fähigkeit, verschiedene Satellitenkonstellationen in verschiedene Orbits zu transportieren, macht sie besonders vielseitig. Sie kann je nach Bedarf mit zwei oder vier Boostern ausgestattet werden und bis zu 11,5 Tonnen in den Weltraum bringen.

Am Bau der 56 Meter hohen und 540 Tonnen schweren Ariane 6 waren gut ein Dutzend Länder beteiligt. Die Endmontage der Oberstufe erfolgte im Bremer Werk der ArianeGroup, während die Hauptstufe in Les Mureaux, Frankreich, gebaut wurde.

Technische Ladung aus Deutschland wird den Erstflug begleiten, darunter die Raumkapsel Nyx Bikini und die Satelliten OOV-Cube und Curium One. Trotz ihrer modernen Ausstattung und Anpassungsfähigkeit an zukünftige Herausforderungen steht die Ariane 6 unter kritischer Beobachtung. Raumfahrtexperte Martin Tajmar von der TU Dresden erwähnt die überlegene Wiederverwendbarkeit der Falcon-9-Rakete von SpaceX und bezweifelt, dass die europäische Rakete technologisch auf der Höhe der Zeit ist.

Gleichwohl betont Tajmar die Wichtigkeit der Ariane 6 für den europäischen Zugang zum Weltraum. Es sei essentiell, Alternativen anzubieten, auch wenn sie nicht die günstigsten sind. Dass sogar die Mitgliedstaaten der Europäischen Agentur für meteorologische Satelliten Eumetsat den Start ihres Wettersatelliten lieber einer Falcon 9 anvertrauen, unterstreicht die Herausforderungen für die Ariane 6.

Der erste kommerzielle Flug der neuen Rakete soll noch vor Jahresende stattfinden, unter anderem mit einem Auftrag des Internetriesen Amazon. Trotz der widrigen Bedingungen ist Tajmar optimistisch: 'Wir können mitspielen und wir sind ein Partner. Das muss uns etwas wert sein.'