Die Regeln für das Kanzlerduell sind einfach: zwei Kandidaten, eine Bühne. Das klingt so klar wie traditionell – doch in diesem Jahr entfacht die ARD mit ihrer Auswahl ein politisches Beben.
Statt die AfD als zweitstärkste Kraft oder die Grünen als Traditionspartei einzubinden, gibt es nur zwei Gäste: Olaf Scholz und Friedrich Merz. Ein Klassiker, der zum Politikum wird.
Wer nicht dabei ist, macht Lärm
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Alice Weidel, Kanzlerkandidatin der AfD, spricht von „Ameisen-Runden“, die der Partei zugedacht werden. Während sich Scholz und Merz in der Hauptsendezeit duellieren, soll sie mit Robert Habeck in einem anderen Format diskutieren.
Das hält die AfD für eine gezielte Ausgrenzung. „Als zweitstärkste Kraft in den Umfragen haben wir einen Platz auf der Hauptbühne verdient“, erklärte ein Sprecher der Partei. Juristische Schritte? „Nicht ausgeschlossen.“
Die Grünen hingegen ärgern sich über die Zusammensetzung aus einem anderen Grund: „Demokratische Parteien gehören ins Triell – und nur diese“, so die klare Ansage. Für Robert Habeck geht es um Prinzipien: Mit der AfD wolle man nicht diskutieren. Das sei eine Grenzüberschreitung.
Doch Umfragen machen den Grünen einen Strich durch die Rechnung: Mit 11,5 Prozent stehen sie deutlich hinter AfD, SPD und CDU.
Warum nur zwei?
Die ARD hat ihre Argumente parat. Scholz ist der amtierende Kanzler, Merz sein aussichtsreichster Herausforderer – was gäbe es da zu diskutieren? Ein Sprecher erklärte, das Duell sei „bewusst auf die realistische Kanzlerfrage zugeschnitten“. 2021 sei das anders gewesen, da hätten die Grünen noch konkurrenzfähig dagestanden.
Doch hier wird es knifflig: Laut aktuellen Zahlen liegt Weidel mit Merz in der Kanzlerfrage gleichauf – beide erreichen 21 Prozent Zustimmung. Und wer die Macht der Medien kennt, weiß: Bühne schafft Chancen. Ist das Duell also noch eine Debatte oder schon politische Einflussnahme?
Fragmentierte Demokratie, alte Formate
Ein Blick auf die Parteienlandschaft zeigt das eigentliche Problem. Mit sechs Parteien, die im Bundestag um Aufmerksamkeit kämpfen, wird das Format eines klassischen Duells schnell zum Balanceakt. Wer darf dabei sein? Wer bleibt draußen? Und wie entscheidet das ein öffentlich-rechtlicher Sender, der Neutralität wahren soll?
„Wir stehen vor einer neuen Herausforderung“, erklärt der Politologe Dr. Jan Meier. „Einerseits müssen Medien praktikable Formate schaffen, andererseits dürfen sie nicht den Eindruck erwecken, politische Machtverhältnisse zu verzerren.“
Die ARD steht vor einem Dilemma: Ein Duell ist spannend und traditionell, ein Triell könnte besser die Realität abbilden. Doch wie gehen wir mit einer Partei wie der AfD um, die viele als Bedrohung empfinden und die trotzdem von fast 20 Prozent der Wähler unterstützt wird?
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