19. September, 2024

Wirtschaft

Arbeitsmarktstudie: Ältere Arbeitnehmer als Lösung gegen Fachkräftemangel

Arbeitsmarktstudie: Ältere Arbeitnehmer als Lösung gegen Fachkräftemangel

Laut einer neuen Studie der Bertelsmann Stiftung könnten durch gezielte Maßnahmen bis 2035 bis zu 1,36 Millionen Vollzeitstellen durch Arbeitnehmer im Alter von 55 bis 70 Jahren besetzt werden. Dies entspräche ungefähr 1,5 Millionen Personen dieser Altersgruppe. Der Arbeitsmarktexperte Eric Thode betont, dass um ältere Menschen länger im Berufsleben zu halten oder zurück in den Job zu bringen, ein umfassendes Maßnahmenbündel notwendig sei. Zu diesen Maßnahmen gehören finanzielle Anreize, arbeitsrechtliche Erleichterungen sowie altersgerechte Arbeitsplätze und erweiterte Gesundheitsvorsorge- und Pflegeangebote.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) prognostiziert, dass die Zahl der Erwerbstätigen in der Altersgruppe bis 2035 aufgrund des demografischen Wandels um rund 1,5 Millionen Menschen sinken wird. Um diesen Rückgang zu kompensieren, sind passgenaue Angebote und veränderte Rahmenbedingungen erforderlich, so Thode. Dies könne beispielsweise durch andere Arbeitsplatzanforderungen in verschiedenen Berufsgruppen geschehen: Ein Mitarbeiter aus der Produktion könnte auf eine weniger körperlich belastende Position wechseln oder ein Dachdecker könnte im Büro arbeiten.

Der Studie zufolge beziehen derzeit rund 6,1 Millionen Menschen in dieser Altersgruppe eine Alters- oder Erwerbsminderungsrente, wobei viele gesundheitlich nicht eingeschränkt sind und durch finanzielle Anreize zu einer Rückkehr in den Arbeitsmarkt bewegt werden könnten. Zudem arbeiten aktuell 3,6 Millionen Menschen zwischen 55 und 70 Jahren in Teilzeit, die für eine Aufstockung ihrer Arbeitszeit gewonnen werden könnten, sofern sie passende Angebote erhalten und von Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen entlastet werden.

Zur Hebung des ungenutzten Beschäftigungspotenzials sind zahlreiche Maßnahmen notwendig, darunter Weiterbildungen und Anpassungen in der Steuer- und Sozialpolitik sowie im Arbeitsrecht. Es sei wichtig, dass der Staat frühzeitig in Gesundheitsförderung investiere.

Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) betont, dass längere Erwerbstätigkeit von drei Faktoren abhängt: Können, Wollen und Dürfen. Prävention in Bildung und Gesundheit seien laut Vizedirektor Ulrich Walwei entscheidend. Auch die persönliche Motivation spiele eine Rolle, insbesondere durch entsprechende Vergütung und Wertschätzung der Arbeitsleistung.

Die Ampelkoalition plant, diese Entwicklungen durch eine neue Prämie zu unterstützen, die Arbeitnehmern zugutekommen soll, die über das Rentenalter hinaus arbeiten. Diese sogenannten Rentenaufschubprämien sollen neben höheren Rentenzahlungen zusätzliche finanzielle Anreize schaffen.

Zweifel an der kurzfristigen Umsetzbarkeit bestehen weiterhin. Einige Analysen des IAB sehen ebenfalls ein erhebliches Potenzial, jedoch mahnt Ulrich Walwei zur Geduld, da dies keine kurzfristig umsetzbare Lösung sei. Der jüngste "IAB Forschungsbericht" betont, dass steigende Erwerbstätigenquoten älterer Menschen kein Selbstläufer seien und innovative Lösungen notwendig sind.