Die Renditen der 10-jährigen US-Staatsanleihen nähern sich der kritischen Marke von 5 Prozent, was für Anleger eine finanzielle Zäsur darstellen könnte. Historisch gesehen, zieht eine derartige Erhöhung der Anleihenrenditen nicht nur den Wettbewerb mit Aktien nach sich, sondern droht, den Fokus gänzlich zu verschieben.
Analystin Savita Subramanian von der Bank of America machte in einer an Kunden versandten Mitteilung deutlich, dass bei einem Erreichen der 5-Prozent-Marke Anleihen attraktiver als Aktien werden könnten. Die Logik dahinter ist klar: Während Aktien mit Risiken, Volatilität und höheren Renditeerwartungen behaftet sind, bieten Anleihen, insbesondere Staatsanleihen, das Gegenteil. Bieten beide Anlageklassen ähnlich hohe Renditen, stellt sich die Frage, warum man die Unsicherheiten der Aktienmärkte in Kauf nehmen sollte.
Das Herzstück dieser Überlegung ist die Eigenkapitalrisikoprämie. Diese zusätzliche Rendite, die Anleger für die riskanteren Aktien im Vergleich zu den sichereren Anleihen erwarten, gerät ins Wanken, wenn Staatsanleihen eine beinahe risikolose Rendite von 5 Prozent bieten. Unter diesen Umständen wird es zunehmend schwieriger, den Besitz von volatilen Aktien zu rechtfertigen, sofern diese nicht deutlich höhere Erträge abwerfen.
Zahlen lügen nicht: Mit steigenden Anleiherenditen sinken typischerweise die Aktienbestände in Portfolios. Ein proprietärer Indikator von Bank of America zeigt, dass die Aktienallokationen an der Wall Street reduziert werden, wenn die Renditen der 10-jährigen Anleihen über 5 Prozent steigen. Bei 6 Prozent oder höher wird der Aktienanteil im Durchschnittsportfolio auf etwa 50 Prozent reduziert.
Auch der erfahrene Ökonom David Rosenberg äußerte sich auf der sozialen Plattform X zu dieser Entwicklung. Er bemerkte, dass die jüngste Bewegung der Anleihenrenditen nur noch 10 Basispunkte von einer negativen Eigenkapitalrisikoprämie entfernt sei, was darauf hindeute, dass Investoren bereit seien, für das Risiko von Aktien zu zahlen, anstatt dafür entlohnt zu werden.