Angela Merkel, die während ihrer 16 Jahre als Bundeskanzlerin eine strikte Sparpolitik in der Eurozone verfolgte, fordert nun eine Lockerung der deutschen Schuldenbremse. Anlass war die Vorstellung ihrer Memoiren "Freiheit" in Berlin, wo die Macherin der größten europäischen Wirtschaft sich erstmals nach fast drei Jahren öffentlich zu Wort meldete. Angesichts der aktuellen geopolitischen und klimapolitischen Herausforderungen hält sie die bisherigen Investitionsmöglichkeiten innerhalb dieser finanziellen Grenzen für nicht mehr ausreichend.
Die Vorstellung des Buches verlief unterhaltsam – Merkel konterte Kritik an ihrer Politik mit einem ironischen "Sagen Sie ruhig, es war Merkels Schuld", was im Publikum für Heiterkeit sorgte. Ihre vermeintlich gutgläubigen Energiegeschäfte mit Russland und die damit verbundene wirtschaftliche Anfälligkeit Deutschlands werden an diesem Abend jedoch nicht thematisiert. Vielmehr erörtert Merkel die Notwendigkeit erhöhter Investitionen angesichts der neuen geopolitischen Lage nach der Invasion Russlands in der Ukraine.
In der politischen Arena wird die Schuldenbremse aufgrund anstehender Neuwahlen heiß diskutiert. Der christdemokratische Kanzlerkandidat Friedrich Merz steht unter Zugzwang. Merkel verteidigt ihn gegen Kritik an seinen strengen Einwanderungskontrollen und betont seine europäische Einstellung. Eine Lockerung der Schuldenbremse könnte, wenn auch nur für Investitionen, in Süd Europa für hinterfragende Blicke sorgen, da von dort einst rigorose Sparmaßnahmen zugunsten von Rettungspaketen verlangt wurden.