In ihrer kürzlich veröffentlichten Autobiografie "Freiheit" gewährt Angela Merkel Einblicke in ihre bemerkenswerte Laufbahn und die Herausforderungen ihrer Amtszeit. Ein besonders denkwürdiges Ereignis beleuchtet die eigentümliche Interaktion zwischen Merkel und Donald Trump im Oval Office im Jahr 2017, als der damalige US-Präsident ihre freundliche Aufforderung, die Hände zu schütteln, ignorierte, zum Erstaunen der anwesenden Reporter. Merkel zeigt sich in ihren Memoiren ungewohnt offen, insbesondere gegenüber politischen Figuren wie Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Während Trump von einer schier unwiderstehlichen Faszination für autokratische Charaktere gepackt war, verfolgte Merkel die internationalen Entwicklungen mit kritischem Blick. Als sie das Treffen im Oval Office besuchte, erreichte sie den Höhepunkt ihrer internationalen Bekanntheit, ernannt zur Person des Jahres 2015 von Time, und galt als Europas Krisenmanagerin par excellence. Jedoch hat sich Merkels Vermächtnis nach ihrem Rücktritt 2021 verändert. Kritiker werfen ihr vor, Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas manövriert und gleichzeitig wichtige Investitionen in Militär und Infrastruktur vernachlässigt zu haben. Ihre größte Herausforderung bestand darin, die umstrittenen politischen Entscheidungen, wie die Fortsetzung des Nord Stream 2 Projekts trotz internationaler Kritik, zu rechtfertigen. Merkels Erzählung beginnt mit ihrer von Ost und West geprägten Kindheit und ihren ersten Schritten in der Politik nach dem Fall der Berliner Mauer. Ihre Karriere war geprägt von Unterschätzungen und Herausforderungen, wie die Begebenheit, als sie sich 2002 zugunsten von Edmund Stoiber nicht als Kanzlerkandidatin aufstellte. Merkel thematisiert zahlreiche solcher verletzenden Erlebnisse, die sie mit bemerkenswerter Standhaftigkeit meisterte. Während ihrer Amtszeit hatte sie es regelmäßig mit zähen Verhandlungen und Machtdemonstrationen zu tun, sei es beim G20-Gipfel 2011 oder in ihrer Führung während der Eurokrise. Ihre Beziehung zu Putin wird als eines der kompliziertesten Kapitel beschrieben. Besonders auffallend ist ihre Schilderung eines Treffens von 2007, bei dem Putin, wohl wissend um ihre Hundeangst, seinen Labrador mitbrachte. Merkel verteidigt viele ihrer Entscheidungen vehement. Auch wenn das Buch eine Tendenz zur Selbstrechtfertigung erkennen lässt, bleibt es dennoch eine fesselnde Erzählung einer außergewöhnlichen politischen Laufbahn. Trotz gelegentlicher Selbstzufriedenheit bietet "Freiheit" einen faszinierenden Einblick in das Leben einer Frau, die aus bescheidenen Anfängen an die Spitze europäischer Politik aufstieg, und die Werte hochhält, die heute unter Druck geraten sind.