Ein Börsenwert, der die Welt verändert
Es ist ein Rekordjahr für US-Unternehmen: Mit einem kombinierten Börsenwert von 33,4 Billionen Euro dominieren 63 US-Konzerne die Liste der 100 weltweit größten Unternehmen.
Von Apple über Nvidia bis Microsoft prägen Tech-Giganten die Weltwirtschaft – und sorgen dafür, dass die USA erstmals mehr als die Hälfte des globalen Börsenwerts vereinen.
Zum Vergleich: Alle 40 Dax-Unternehmen kommen zusammen auf einen Wert von 1,9 Billionen Euro – weniger als Apple allein, das mit 3,7 Billionen Euro das wertvollste Unternehmen der Welt bleibt. Nvidia folgt mit 3,2 Billionen Euro, ein enormer Sprung, der durch den Boom der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgelöst wurde.
Warum die USA dominieren
Die Stärke der USA liegt in ihrer Innovationskraft. Unternehmen wie Nvidia, Amazon und Meta setzen Maßstäbe in der KI, Cloud-Technologie und digitalen Plattformen. Besonders die KI-Revolution beschleunigt den Aufstieg der USA. „KI ist ein Megatrend, der die Wirtschaftswelt neu ordnet“, erklärt Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland. Europa hingegen bleibt bei zentralen Zukunftsthemen oft in der zweiten Liga.
Das amerikanische Geschäftsmodell – von schneller Finanzierung über optimierte Skalierbarkeit bis hin zu aggressiver Marktstrategie – ist dabei unschlagbar. Analysten wie Jan Vieweg von Oddo BHF sehen den Unterschied klar: „Innovationen lassen sich in den USA leichter entwickeln, leichter finanzieren und leichter auf den Markt bringen.“
Europas Antwort: SAP und Telekom als Hoffnungsträger
Deutschland stellt mit SAP, der Deutschen Telekom und Siemens drei Unternehmen in den Top 100. SAP verzeichnete einen beeindruckenden Aufstieg: Der Börsenwert des Softwarekonzerns stieg binnen eines Jahres um 53,5 Prozent auf 291 Milliarden Euro.
Damit kletterte das Unternehmen von Platz 59 auf 31 und ist der größte europäische Aufsteiger.
Die Strategie von SAP, nicht selbst KI-Technologien zu entwickeln, sondern Lösungen von Microsoft und Google in eigene Anwendungen zu integrieren, überzeugt Investoren. „Diese Flexibilität schützt vor der Gefahr, auf die falsche Technologie zu setzen“, sagt ein Branchenexperte.
Die Deutsche Telekom, neu auf Rang 96, profitierte von ihrem lange umstrittenen US-Geschäft. Mit dem Kauf von Voicestream vor über 20 Jahren sicherte sich der Bonner Konzern den Zugang zum lukrativen nordamerikanischen Markt, der heute über die Hälfte der Gewinne ausmacht.
Europa unter Druck
Trotz einzelner Erfolgsgeschichten bleibt die Bilanz Europas ernüchternd. Nur 18 Unternehmen schaffen es noch in die globale Top 100, 2007 waren es noch 46. Vor allem Traditionsbranchen wie Öl und Luxus schwächeln: LVMH und Nestlé, lange als unantastbar angesehen, verloren 23 bzw. 33 Prozent ihres Werts.
Die Gründe sind vielfältig: In der Luxusbranche drückt die Kaufzurückhaltung der chinesischen Oberschicht auf die Umsätze, während steigende Lebensmittelpreise Nestlé-Kunden in die Arme günstiger Eigenmarken treiben.
„Europa verpasst es, seine Unternehmen zukunftsfähig zu machen“, lautet das Fazit von Branchenkennern.
Saudi Aramco: Einziges Top-10-Unternehmen außerhalb der USA
Der einzige nichtamerikanische Konzern in den Top 10 ist Saudi Aramco. Der staatliche Ölkonzern profitiert von stabilen Ölpreisen und seiner globalen Marktstellung. Dennoch bleibt fraglich, ob die Bewertung von 1,8 Billionen Euro Bestand hätte, wenn mehr als die aktuellen 2,5 Prozent der Aktien frei handelbar wären.
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Die vier Säulen der US-Dominanz
Was macht die USA so erfolgreich? Experten nennen einen vierfachen Sog: Erstens zieht die Innovationskultur Unternehmen mit bahnbrechenden Ideen an. Zweitens fließt Kapital gezielt in zukunftsträchtige Geschäftsmodelle.
Drittens kommen die besten Analysten in die USA, die den Erfolg weiterer Innovationen fördern. Viertens profitieren Unternehmen von einer durchweg unternehmensfreundlichen Infrastruktur und Politik.
Europas Rolle im Wandel
Die IT-Revolution findet ohne Europa statt – mit wenigen Ausnahmen. Unternehmen wie SAP und aufstrebende Kandidaten wie Aleph Alpha aus Deutschland zeigen jedoch, dass Europas Innovationskraft nicht völlig erloschen ist.
Doch um mit den USA und China Schritt zu halten, braucht es mehr Risikokapital, eine entschlossene Förderung neuer Technologien und einen Kulturwandel in der Unternehmenslandschaft.