Ein überraschender Frühling für den schwedischen Netzausrüster
Ericsson hat geliefert. Und zwar deutlich mehr als erwartet. Das operative Ergebnis des ersten Quartals liegt bei 6,2 Milliarden Schwedischen Kronen – rund 560 Millionen Euro. Analysten hatten mit deutlich weniger gerechnet. Doch der starke Gewinn hat vor allem einen Grund: US-Kunden kaufen auf Vorrat.
Die Drohung neuer Zölle auf europäische Technik hat bei amerikanischen Mobilfunkanbietern offenbar den Reflex ausgelöst, sich frühzeitig einzudecken. AT&T, Verizon und andere Branchenriesen ordern mehr als üblich. Und Ericsson freut sich über volle Auftragsbücher.
Nordamerika rettet das Quartal
Der Umsatz stieg um drei Prozent auf 55 Milliarden Kronen. Das wäre für sich genommen kein großer Wurf – hätte Nordamerika nicht fast im Alleingang den Unterschied gemacht.
Der Kontinent steht mittlerweile für knapp 30 Prozent des Konzernumsatzes. Die Einbrüche in anderen Regionen wie Lateinamerika oder Europa konnten durch die starke Nachfrage aus den USA mehr als ausgeglichen werden.
Ericssons Finanzvorstand Lars Sandstrom brachte es gegenüber Reuters auf den Punkt: „Mit den aktuellen Zöllen sehen wir einen Einfluss von etwa einem Prozentpunkt auf die Marge im zweiten Quartal.“ Noch sind das Nebengeräusche. Aber das Thema könnte größer werden.
Zollrisiken als Umsatztreiber – eine gefährliche Logik
Dass die Angst vor Handelshemmnissen zu kurzfristigem Umsatz führt, ist für Ericsson ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bringt das Quartal starke Zahlen, die an den Märkten gut ankommen. Andererseits basiert das Plus auf einem Sondereffekt, der so nicht beliebig wiederholbar ist.
Wenn die amerikanischen Lager einmal voll sind, bleibt die Frage, wie lange der Nachschub aus Schweden noch gebraucht wird – vor allem, wenn die Zollschraube wirklich angezogen wird. Das Risiko für die kommenden Quartale ist spürbar.

Das Grundproblem bleibt: Stotternde Weltmärkte
Denn auch wenn das US-Geschäft glänzt: In vielen anderen Regionen läuft es nicht rund. Der europäische Markt bleibt zurückhaltend, in Asien dominiert Huawei viele Schlüsselbereiche – dort kommt Ericsson kaum noch zum Zug. In Lateinamerika ist der Netzausbau zäh, politische Unsicherheiten bremsen Investitionen.
Gleichzeitig kämpft das Unternehmen mit steigenden Kosten, laufenden Restrukturierungen und Währungseffekten. Das bereinigte Ergebnis – also ohne Einmaleffekte – sieht zwar gut aus. Aber es ist eben auch das Ergebnis einer Flucht nach vorn im Einkauf. Nachhaltig ist das noch nicht.
Ein starkes Quartal – aber keine Entwarnung
Ericsson zeigt, wie geopolitische Spannungen auch Gewinner produzieren können. Zumindest auf dem Papier. Ob der Gewinnsprung eine Trendwende einleitet oder nur ein kurzes Zwischenhoch war, ist offen. Entscheidend wird sein, ob Ericsson es schafft, sich unabhängiger von politischen Sondereffekten aufzustellen.
Für Investoren bleibt das Zahlenwerk erfreulich, aber nicht risikolos. Das Unternehmen liefert, aber eben in einem Umfeld, das sich jederzeit drehen kann. Und genau das macht den Blick aufs zweite Quartal spannender als die aktuelle Bilanz.
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