Alice Weidel ist es gewohnt, auf Konfrontation zu gehen. Doch bei einer Frage verliert die AfD-Kanzlerkandidatin nun die Geduld: Ihr Wohnsitz, oder besser gesagt ihre Wohnsitze. In einer ZDF-Dokumentation bricht sie das Interview kurzerhand ab – ein Vorgang, der die Diskussion um ihre Glaubwürdigkeit erneut entfacht.
Die Schweiz, Deutschland – und die Frage nach der Konsequenz
Die AfD inszeniert sich als Partei der „kleinen Leute“, propagiert mit ihrem Wahlkampfslogan „Zeit für Deutschland“ eine nationale Wende – und hat mit Alice Weidel eine Spitzenkandidatin, die mit ihrer Familie hauptsächlich in der Schweiz lebt.
Die Widersprüchlichkeit dieser Konstellation ist längst nicht neu. Doch während Weidel die doppelte Wohnsitz-Frage stets als nebensächliche Kritik abtut, wird das Thema für sie zunehmend unangenehm.
In der aktuellen ZDF-Dokumentation „Alice Weidel – Ein Porträt“ wird sie in Überlingen am Bodensee interviewt. Ein Reporter hakt nach: Ist das hier ihr Zuhause? „Ja, auch“, antwortet Weidel zunächst ausweichend, betont dann, es sei ihr „Hauptwohnsitz“.
Als jedoch Anwohner zu Wort kommen, die berichten, sie hätten Weidel dort nie gesehen, kippt die Stimmung. Auf die Frage, wie oft sie im vergangenen Jahr tatsächlich in Überlingen übernachtet habe, reagiert Weidel zunehmend gereizt.
Der Reporter bleibt hartnäckig: „5, 10 oder 20 Mal?“ Weidels Antwort: „Ganz oft.“ Als die Nachfrage weitergeht, ist ihre Geduld am Ende: „Nee, ich hab' jetzt keine Lust mehr.“ Das Interview ist vorbei.

Immer wieder die gleiche Frage – immer wieder die gleiche Reaktion
Es ist nicht das erste Mal, dass Weidel bei diesem Thema ins Straucheln gerät. Schon als die AfD-Spitze sie im Dezember zur Kanzlerkandidatin kürte, stellte ein Reporter der Bild-Zeitung die Frage, wie sich ihre Wohnsituation mit dem Wahlkampfmotto der AfD vertrage. Weidels patzige Antwort: „Also ich lebe nicht in der Schweiz, ich habe dort einen Wohnsitz. Ich habe zwei Wohnsitze, vielleicht auch mehrere – haben andere Politiker auch.“
Ein paar Tage vor der Bundestagswahl wiederholte sich das Spiel in einem Bild-Interview. Dort behauptete sie, in Überlingen gemeldet zu sein, fügte aber hinzu, dass sie aus Sicherheitsgründen ohnehin kaum irgendwo zu sehen sei: „Ich habe eine sehr hohe Gefährdungsstufe.“
Dass sie kein Wahlkreisbüro in Überlingen hat, begründete sie mit der angeblichen Angst von Vermietern vor Anschlägen gegen die AfD.
Bei RTL/ntv wurde sie noch direkter befragt: Zahlt sie alle Steuern in Deutschland? „Aber natürlich, weil ich das muss“, antwortete sie knapp. Ihre Frau habe ihren Wohnsitz in der Schweiz, sie selbst sei in Deutschland gemeldet – und „meine Frau übrigens auch, die Kinder auch.“
Glaubwürdigkeit in Gefahr?
Weidel ist nicht die erste Spitzenpolitikerin mit Wohnsitz in der Schweiz. Auch FDP-Politiker Christian Lindner wurde während seiner Hochzeit in einem Schweizer Luxushotel für seinen Aufenthalt dort kritisiert.
Der Unterschied: Lindner tritt nicht mit einer Anti-Establishment-Rhetorik auf, die vermeintliche „abgehobene Eliten“ anprangert, während er selbst von deren Privilegien profitiert.
In der AfD gibt es seit Langem eine Strategie, Politikern aus dem Establishment Doppelmoral vorzuwerfen. Umso brisanter ist es, wenn die eigene Kanzlerkandidatin sich genau diesem Vorwurf ausgesetzt sieht. Die Reaktion darauf – genervtes Abblocken, ausweichende Antworten und nun ein abruptes Interview-Ende – zeigt, dass das Thema Weidel offenbar weitaus mehr trifft, als sie es sich anmerken lassen möchte.
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