26. Dezember, 2024

Politik

Aleppos Fall: Eine neue Wendung im Syrienkonflikt

Aleppos Fall: Eine neue Wendung im Syrienkonflikt

Die jüngste Entwicklung im Syrienkonflikt könnte den politischen Schachfiguren ein gänzlich neues Bild verleihen. Bashar al-Assad, der syrische Machthaber, steht unter Druck, nachdem Rebellen am 27. November eine überraschende Offensive in Nordwest syrien gestartet haben. Bereits zwei Tage später erklommen sie die antike Zitadelle im Herzen Aleppos - eine dramatische Wendung, die zur weitgehenden Kontrolle der Rebellen über Syriens zweitgrößte Stadt führte. Vor diesem Hintergrund wirken die Frontlinien, die seit 2020 weitgehend stabil gewesen waren, wie in einem neuen Licht. Der nördliche Teil Syriens war unter der Kontrolle der von den USA unterstützen Syrischen Demokratischen Kräfte, während von der Türkei unterstützte Gruppen den Nordwesten dominierten. Der Rest des Landes befand sich unter der Herrschaft Assads, durch ein fragiles Abkommen gestützt von Russland und Türkei. Doch dieses Gleichgewicht droht nun infolge der jüngsten Eroberungen zu kippen. Angeführt wird die Offensive von Hayat Tahrir al-Sham, einst mit al-Qaida verbündet, dann aber 2017 von den Dschihadisten getrennt. Unterstützung erhält die Gruppe von der Syrischen Nationalarmee, einer türkischen Stellvertreterarmee. Beide Gruppierungen haben nicht nur Aleppo ins Visier genommen, sondern auch die strategisch wichtige Stadt Saraqib. Ihre Kontrolle über zentrale Versorgungslinien von Damaskus erschwert Assads Fähigkeit, Nachschub zu liefern. Die Rebellen scheinen gut vorbereitet zu sein. Nach Jahren der Professionalisierung zeigt ihr Einsatz von Drohnen für Aufklärung und Kampf sowie der Einsatz von Spezialeinheiten, dass sie in der Lage sind, den syrischen Streitkräften auf Augenhöhe zu begegnen. Das Timing ihrer Offensive ist kein Zufall: Russland und der Iran, Assads einstige Hauptmächte, stehen derzeit nicht in alter Stärke zur Verfügung. Russland zieht sich aufgrund des Ukraine-Kriegs zurück, während die iranisch unterstützten Kräfte durch Verluste gegen Israel geschwächt sind. Was die Zukunft bringt, bleibt abzuwarten. Fragen drängen sich auf: Wird die Türkei ihren Einfluss ausbauen und die eroberten Gebiete stützen? Werden andere Landesteile ebenfalls in Aufruhr geraten? Trotz aller Ungewissheit ist eins klar: Der Fall Aleppos ist nicht nur eine Demütigung für Assad, sondern auch ein Lehrstück über unvorhergesehene, politische Kettenreaktionen.