Der deutsche Aktienmarkt konnte am Dienstag von erfreulichen Inflationsdaten aus den USA profitieren. Der Leitindex Dax baute seine Gewinne aus und schloss 1,76 Prozent höher bei 15.614,43 Punkten. Damit überstieg er erstmals seit rund sieben Wochen wieder die Marke von 15.600 Punkten und erreichte etwa die wichtige 100-Tage-Linie. Das charttechnische Bild ist dementsprechend positiv.
Besonders stark profitierte der MDax der mittelgroßen Unternehmen von den US-Inflationsdaten. Er schloss mit einem Plus von 3,29 Prozent auf 26.245,40 Punkten. Der Preisauftrieb in den USA hat sich im Oktober merklich abgeschwächt. Die Verbraucherpreise stiegen deutlich weniger als im Vormonat und auch geringer als von Volkswirten erwartet. Die Kerninflation, die besonders von Ökonomen beachtet wird, ging ebenfalls zurück.
Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets kommentierte die Situation folgendermaßen: "Es wird immer wahrscheinlicher, dass die US-Notenbank Fed ihren Zinshöhepunkt für dieses Jahr erreicht hat. Für Fed-Chef Jerome Powell mag es ja noch viel zu früh sein, um über Zinssenkungen zu sprechen. Anleger auf den Börsenparketts dieser Welt dagegen tun gerade nichts anderes." Oldenburger fügte hinzu, dass bei einem Durchbrechen der wichtigen 200-Tage-Linie des Dax der Weg frei zu einer runden Marke von 16.000 Punkten wäre.
Auch die wichtigsten europäischen Indizes zogen nach den Daten aus den USA an. Der EuroStoxx 50, der Index für die Eurozone, gewann letztendlich 1,4 Prozent. Der französische CAC 40 legte ebenfalls kräftig zu, während der britische FTSE 100 nur moderate Gewinne verzeichnen konnte. Der New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial gewann zum Handelsende in Europa gut 1,6 Prozent.
Am deutschen Aktienmarkt waren vor allem Immobilientitel und andere zinssensitive Werte gefragt. Vonovia zählte mit einem Kursanstieg von 8,3 Prozent zu den größten Dax-Gewinnern. Auch im MDax und im Nebenwerte-Index SDax waren Unternehmen aus dieser Branche besonders gefragt.
Der führende Online-Modehändler Zalando verbuchte einen Gewinn von 10,6 Prozent. Stark wachstumsabhängige Unternehmen wie Zalando profitieren ähnlich wie Immobilienaktien von niedrigeren Zinsen. Auch die Aktien des Energieversorgers RWE verzeichneten einen zusätzlichen Schub und schlossen 3,7 Prozent höher. Hier spielt vor allem das Geschäft mit den kapitalintensiven Alternativen Energien eine Rolle.
Im MDax befanden sich ProSiebenSat.1 und Delivery Hero nach Quartalszahlen an der Spitze. Die Aktien dieser Unternehmen gewannen 12,7 bzw. 10,4 Prozent. Beim Medienkonzern ProSiebenSat.1 wog die Erleichterung der Anleger über den operativen Gewinn schwerer als der gekappte Umsatzausblick. Der Essenslieferdienst Delivery Hero überzeugte vor allem mit der guten Entwicklung des Bruttowarenwerts.
Am Ende des Handelstages sanken die Aktien des Rüstungselektronik-Herstellers Hensoldt um vier Prozent. Dies wurde durch Spekulationen über eine mögliche Kapitalerhöhung zur Finanzierung einer Übernahme verursacht.
Der Euro sprang nach den Inflationsdaten nach oben und kostete zuletzt 1,0762 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,0724 Dollar festgelegt.