22. September, 2024

Wirtschaft

Ajit Jain verkauft große Stücke seiner Berkshire Hathaway-Anteile: Startschuss für einen breiten Ausstieg?

Ajit Jain verkauft große Stücke seiner Berkshire Hathaway-Anteile: Startschuss für einen breiten Ausstieg?

Ajit Jain, langjähriger Leiter der Versicherungssparte von Berkshire Hathaway, hat kürzlich mehr als die Hälfte seiner Aktien für 139 Millionen Dollar verkauft – der größte Verkauf seit seinem Beitritt zum Konzern im Jahr 1986. Dieser Verkauf erfolgte zeitgleich mit einem neuen Rekordhoch von Berkshires Class A Aktien bei 715.910 Dollar, was erstmals eine Marktkapitalisierung von über 1 Billion Dollar bedeutete. Der Wert der Aktien hat sich seitdem um 4% reduziert und liegt nun bei etwa 990 Milliarden Dollar. Die Frage steht im Raum: Sollte man Jain folgen und seine Anteile jetzt verkaufen?

Jain äußerte sich nicht öffentlich zu seinem großangelegten Aktienverkauf, aber mehrere plausible Erklärungen liegen auf der Hand. Mit 73 Jahren könnte er sich auf einen baldigen Ruhestand vorbereiten. Jain galt einst als potenzieller Nachfolger von Warren Buffett, doch Buffett plant, die Zügel an Greg Abel zu übergeben, der aktuell die Energie- und Nicht-Versicherungssparten von Berkshire führt.

Buffett, der im letzten Monat seinen 94. Geburtstag feierte, könnte sich ebenfalls bald zurückziehen. Jain und andere langjährige Investoren könnten diesen Zeitraum als das Ende einer Ära betrachten und dies als Gelegenheit nutzen, ihre Anteile zu liquidieren.

Des Weiteren könnte Jain Berkshires Aktien und den Gesamtmarkt als überbewertet ansehen. Die Aktie hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt und handelt nun zum 26-fachen des operativen Gewinns des letzten Jahres – eine Kennzahl, die Buffett bevorzugt. Vor fünf Jahren lag dieser Wert noch beim 21-fachen. Auch der S&P 500 ist historisch teuer und handelt zum 22-fachen der erwarteten Gewinne. Dies könnte ebenfalls ein Grund sein, warum Berkshire zunehmend seine Top-Aktien wie Apple und Bank of America verkauft und mehr Liquidität anhäuft.

Jains Verkauf bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass Berkshires Geschäft in Schwierigkeiten steckt. Es könnte sich hierbei einfach um persönliche Entscheidungen handeln oder um die Ansicht, dass das kurzfristige Gewinnpotenzial begrenzt ist.

Im vergangenen Jahr stammten 40% von Berkshires Betriebsergebnissen aus der Versicherungs- und Investitionssparte, während die übrigen 60% von anderen Tochtergesellschaften in den Bereichen Eisenbahn, Versorgungswirtschaft, Energie und Konsumgüter kamen. Diese Betriebsergebnisse beinhalten nicht die Gewinne oder Verluste aus dem gut beobachteten Aktienportfolio, das über 50 Aktien und ETFs umfasst, da diese Zahlen von Jahr zu Jahr stark schwanken können.

Berkshires Hauptstrategie besteht darin, mit den Kerngeschäften frisches Kapital für das Investitionsportfolio zu generieren. Diese Strategie ist erfolgreich, da die Kern-Töchter cash-starke Unternehmen sind und Buffett ein Händchen für langfristig erfolgreiche Aktien hat. Obwohl einige bezweifeln, ob Berkshire auch ohne Buffett weiterhin die richtigen Investitionen tätigen kann, werden seine Nachfolger wohl an der bewährten Strategie festhalten und auf wertorientierte Blue Chips setzen.

Die wachsende Versicherungssparte von Berkshire konnte 2023 die makroökonomischen Herausforderungen der Nicht-Versicherungsgeschäfte ausgleichen, was zu einem Anstieg der gesamten Betriebsergebnisse um 21% führte. Mit sinkenden Zinsen könnten die Nicht-Versicherungsgeschäften dieses Jahr schneller wachsen.

Am Ende des zweiten Quartals 2024 hielt Berkshire rekordverdächtige 276,9 Milliarden Dollar in bar und Äquivalenten – klare Anzeichen dafür, dass man für zukünftige Investitionen und Übernahmen in einer eventuellen Marktkorrektur gut gerüstet ist.

Berkshire Hathaway hat beständig den Markt geschlagen, und es gibt wenig Anlass zur Annahme, dass sich dies bald ändern könnte. Jains Verkauf deutet darauf hin, dass der Aktienkurs ein kurzfristiges Hoch erreichen könnte, aber langfristig sind weiterhin größere Gewinne zu erwarten. Investoren sollten sich weniger über Insiderverkäufe und Schwankungen im Aktienkurs sorgen und mehr die Diversifikation und Flexibilität des Unternehmens schätzen.