Ein Satz, der die Berliner Politik elektrisiert
25 Prozent für die AfD. 24 Prozent für die Union. Nur ein Prozentpunkt Unterschied – aber in der politischen Psychologie eine Welt. Zum ersten Mal steht die AfD in einer bundesweiten Umfrage vor CDU und CSU. Kein Ostphänomen mehr, keine Momentaufnahme. Sondern eine neue Realität, die selbst hartgesottene Parteistrategen schlucken lässt.
Die Ipsos-Erhebung ist kein gewöhnlicher Sonntagstrend. Sie markiert einen Einschnitt. Einen, den man bei der Union als „alarmierend“ bezeichnet – und intern wohl als Schock.
Ein Absturz mit Ansage
Fünf Prozentpunkte verliert die Union im Vergleich zur vorherigen Befragung. Das ist nicht einfach ein statistischer Ausrutscher, sondern eine schallende Ohrfeige.
Gerade jetzt, wo CDU und SPD über eine gemeinsame Regierungsbildung verhandeln, bekommt die größte Oppositionspartei ein Misstrauensvotum ausgerechnet von jenen, die sie zurück ins Kanzleramt bringen wollte: der bürgerlichen Mitte.
Und während CDU und CSU stolpern, legt die AfD drei Prozentpunkte zu. Es wirkt fast wie ein Tauschgeschäft – nur dass die Union nichts davon hatte.
AfD als neue Normalität?
25 Prozent für eine Partei, die sich selbst „Fundamentalopposition“ nennt – das hätte man sich vor ein paar Jahren nicht vorstellen können. Jetzt ist es Realität. Die AfD wird nicht mehr nur aus Protest gewählt. Sie ist längst in Teilen der Gesellschaft angekommen – auch bei jenen, die früher CDU gewählt haben.

Ihre Themen: Migration, Energiepreise, gefühlter Kontrollverlust. Ihre Wirkung: spaltend, aber offenbar auch mobilisierend. Dass sich viele Menschen von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen, ist keine Neuigkeit. Aber diese Umfrage zeigt: Es werden immer mehr.
Und der Rest? Spielt Nebenrollen
Die SPD bleibt bei 15 Prozent – seit Monaten wie festgetackert. Für eine Kanzlerpartei ist das ein Armutszeugnis. Die Grünen verlieren leicht, landen bei 11 Prozent. Gleichauf mit der Linken, die plötzlich wieder in Bewegung kommt – vielleicht, weil der Protest von links eine neue Projektionsfläche sucht.
Die FDP kämpft weiter ums Überleben. Vier Prozent, zu wenig für den Bundestag. Und das Bündnis Sahra Wagenknecht kratzt mit fünf Prozent an der magischen Hürde. Noch nicht drüber, aber präsent genug, um den anderen Kopfschmerzen zu machen.
Was diese Umfrage so besonders macht
Es geht nicht nur um Zahlen. Es geht um das, was sie auslösen. Wer führt, bekommt Aufmerksamkeit. Wer verliert, muss sich rechtfertigen. Das Spiel ist bekannt – aber diesmal ist der Hauptdarsteller ein anderer. Die AfD war lange das Schreckgespenst. Jetzt ist sie vorne.
Für die Union ist das doppelt bitter: Sie verliert Wähler an eine Partei, mit der sie laut eigener Aussage niemals koalieren wird. Und gleichzeitig sitzt sie mit der SPD an einem Verhandlungstisch, bei dem sie immer weniger Rückhalt im Rücken hat.

Und jetzt?
Es wird spannend zu sehen, ob diese Zahlen einen Kurswechsel auslösen – oder nur hilfloses Weiter-so. Die Union hat viele Baustellen: ein unscharfes Profil, wenig Antwort auf soziale Ängste, ein Imageproblem bei jungen Wählern. Die AfD füllt diese Lücke nicht mit Lösungen, sondern mit klarer Sprache. Und manchmal reicht das offenbar schon.
Aber: Es ist eine Umfrage. Kein Wahlergebnis. Noch kann sich vieles drehen. Die entscheidende Frage bleibt: Wer nimmt diesen Trend ernst – und wer wacht erst auf, wenn es zu spät ist?
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