In einer deutlichen Ansage forderte Bundeskanzler Olaf Scholz im Oktober eine umfangreiche Abschiebepolitik für Personen ohne Aufenthaltsberechtigung in Deutschland. Die Realität sieht jedoch anders aus: Deutschland steht vor einem Berg von Herausforderungen, der die Durchsetzung dieser Politik erschwert.
Der große Plan und die harten Fakten
Trotz ambitionierter Pläne und dem Abschluss von Migrationsabkommen mit Ländern wie Indien und Georgien bleibt die Effektivität der deutschen Abschiebepolitik begrenzt.
Die Gründe hierfür sind vielfältig und komplex: von bürokratischen Hindernissen über medizinische Gründe bis hin zu Widerstand der Herkunftsländer, die ihre Bürger nicht zurücknehmen möchten.
Ein wesentlicher Faktor sind auch die signifikanten Rücküberweisungen, die Migranten in ihre Heimatländer senden, was die Rücknahmeunwilligkeit der Herkunftsländer weiter fördert.
Die diplomatischen Sackgassen
Deutschland steht vor einem Dilemma: Einerseits die Notwendigkeit der Abschiebung, andererseits die geopolitischen und humanitären Bedenken, die eine einfache Rückführung unmöglich machen.
„Herkunftsländer haben nur ein sehr geringes Interesse daran, Staatsbürger zurückzunehmen, die nicht zurückkehren wollen“, sagt Marcus Engler.
Besonders probleatisch sind die Beziehungen zu Ländern wie dem Iran oder Russland, wo die politischen und menschenrechtlichen Bedingungen komplexe Rückführungen nahezu ausschließen.
Hinzu kommt, dass die Anerkennung von Abschiebeverfahren durch Länder wie Afghanistan durch die dortige prekäre Sicherheitslage und politische Instabilität weiter erschwert wird.
Die realen Zahlen sprechen Bände
Im Jahr 2023 kamen die meisten der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen aus Ländern wie dem Irak, Afghanistan und Nigeria, jedoch wurden nur ein Bruchteil tatsächlich abgeschoben.
Dies verdeutlicht die Kluft zwischen politischer Absicht und praktischer Umsetzung. Die Rückführungsquoten bleiben niedrig, teilweise auch wegen der komplizierten Identitätsklärung vieler Migranten.
Die Rolle von Migrationsabkommen
Während Migrationsabkommen eine strategische Lösung darstellen können, zeigt die Praxis, dass solche Abkommen nicht immer die erhofften Ergebnisse liefern.
„Gemessen an den engen Beziehungen, die Deutschland mit der Türkei hat, funktioniert die Kooperation bei den Rückführungen ziemlich schlecht“, sagt der Jurist Daniel Thym.
Die Zusammenarbeit mit weniger relevanten Herkunftsländern wie Georgien oder Kolumbien mag politisch einfacher sein, spiegelt jedoch nicht unbedingt die realen Bedürfnisse der deutschen Migrationspolitik wider.
Ausblick: Eine Frage der Balance
Die Zukunft der deutschen Abschiebepolitik wird eine Balance erfordern: zwischen der Einhaltung internationaler und humanitärer Standards und der Notwendigkeit, die gesetzlichen Regelungen durchzusetzen.
Die Bundesregierung ist gefordert, nicht nur die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen, sondern auch die Bedingungen zu schaffen, unter denen Abschiebungen rechtlich und moralisch vertretbar sind.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass trotz der starken politischen Signale von Kanzler Scholz die tatsächliche Durchführung von Abschiebungen in Deutschland ein komplexes Feld voller rechtlicher, moralischer und diplomatischer Fallstricke bleibt.
Die Effektivität der Abschiebepolitik wird letztlich von einer Vielzahl von Faktoren bestimmt, die weit über den einfachen Willen zur Durchsetzung hinausgehen.