Ein abruptes Ende für einen mächtigen Manager
Carlos Tavares war der Architekt hinter dem Erfolg von Stellantis. Doch am Wochenende endete seine Amtszeit überraschend – der Verwaltungsrat verabschiedete ihn wegen „unterschiedlicher Ansichten“. Der einst gefeierte „Kostenkiller“ wird nun selbst von den Konsequenzen seiner Strategie eingeholt.
Seit der Fusion von PSA und Fiat Chrysler im Jahr 2021 hatte Tavares das Unternehmen nach seinen Vorstellungen umgebaut: Radikale Kostensenkungen, Werksschließungen und eine aggressive Ausrichtung auf Elektrofahrzeuge. Diese Schritte brachten zunächst Rekordgewinne, doch 2024 begann das Erfolgsmodell zu bröckeln.
Gewinnwarnung und Streit mit den Händlern
Die ersten Risse wurden im Frühjahr sichtbar, als Stellantis schwache Quartalszahlen präsentierte. Im September folgte die Schocknachricht: eine massive Gewinnwarnung. Besonders in den USA geriet das Unternehmen unter Druck. Unverkaufte Fahrzeuge stapeln sich bei den Händlern, die unter der Preisstrategie des Konzerns leiden.
Auch in Europa brodelte es. Tavares’ strikter Kurs zur Elektromobilität, der Marken wie Opel und Peugeot komplett auf E-Fahrzeuge ausrichtete, führte zu Konflikten mit den Händlern. Viele beklagen, dass sie den teuren Übergang mitfinanzieren müssen, während sich Wettbewerber flexibler zeigen.
Ein umstrittener Elektro-Kurs
Tavares galt lange als Vorreiter der Elektromobilität. Seine Vision: Bis 2030 sollten mehr als die Hälfte der europäischen Neuwagen von Stellantis elektrisch sein. Während andere Hersteller ihre Pläne an Marktrealitäten anpassten, hielt er an starren Vorgaben fest.
Noch im November verteidigte er seine Strategie mit ethischen Argumenten: „Wir wollen den Klimawandel bekämpfen und auf der richtigen Seite der Geschichte stehen.“ Doch hinter den Kulissen wuchs der Widerstand. Die Händler, die Mitarbeiter und nicht zuletzt der Verwaltungsrat verloren das Vertrauen in den Kurs des 66-Jährigen.
John Elkann übernimmt vorübergehend
Übergangsweise übernimmt Verwaltungsratschef John Elkann die Führung. Der 48-Jährige ist kein Unbekannter: Als Oberhaupt der italienischen Industriellenfamilie Agnelli kennt er die Strukturen des Konzerns wie kaum ein anderer. Bereits 2021 leitete er Ferrari, als dessen Chef krankheitsbedingt ausfiel.
Doch Elkann steht vor einer Mammutaufgabe. Die Machtfülle von Tavares hinterlässt eine fragmentierte Führungsstruktur: sechs Regionalchefs, neun Markenchefs und zahlreiche Manager für übergreifende Bereiche – alle direkt dem CEO unterstellt. Die Suche nach einem langfristigen Nachfolger soll bis Mitte 2025 abgeschlossen sein.
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