Ein neuer Star im DAX
Deutschland ist nicht gerade bekannt für spektakuläre Börsenerfolge – oft scheinen die großen Geschichten an den US-Tech-Giganten vorbehalten zu sein. Doch Siemens Energy durchbricht dieses Muster eindrucksvoll.
Mit einer Kurssteigerung von 560 Prozent innerhalb der letzten zwölf Monate hat das Unternehmen das geschafft, was kaum einer für möglich hielt. Sogar Nvidia, der unangefochtene Liebling an der Nasdaq, kann da nicht mithalten.
Wo Nvidia in den letzten zwölf Monaten auf 260 Prozent Zuwachs kommt, zeigt Siemens Energy, dass auch der deutsche Markt Superstars hervorbringen kann.
Vom DAX-Rand zur Spitzenliga
Siemens Energy, das ehemalige Sorgenkind, galt lange als einer der Wackelkandidaten im DAX. Vor einem Jahr war der Abstieg greifbar nahe, die Aktie im Keller – zeitweise unter 6,40 Euro.
Heute hat sich der Marktwert auf stolze 36 Milliarden Euro gesteigert. Damit ist Siemens Energy wieder mitten im Spiel und konkurriert auf Augenhöhe mit Schwergewichten wie Adidas und BASF.
Ein „Superzyklus“ wider aller Erwartungen
Als der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser vor einigen Jahren die Abspaltung von Siemens Energy ankündigte und dabei von einem „Superzyklus“ sprach, löste er Skepsis aus.
Damals kämpfte Siemens Energy mit milliardenschweren Verlusten in der Windkraftsparte Gamesa, und der Markt zweifelte stark an der Zukunft des Unternehmens.
Doch Kaeser sah in der weltweiten Energiewende eine enorme Chance – und behielt recht. Heute profitiert Siemens Energy von einem randvollen Auftragsbuch und einer riesigen Nachfrage nach modernen Energielösungen.
Eine KI-Aktie aus Deutschland?
Neben den klassischen Geschäftsfeldern, die von der globalen Energiewende profitieren, hat sich Siemens Energy eine neue Attraktivität erarbeitet: den KI-Hype.
Tech-Giganten wie Google und Amazon bauen riesige, stromhungrige Rechenzentren. Diese Nachfrage treibt Siemens Energy nach vorn und gibt ihm sogar das prestigeträchtige Etikett „KI-Aktie“.
Der amerikanische Konkurrent GE Vernova hat diesen Weg vorgemacht und wurde ebenfalls als KI-Gewinner an den Märkten gefeiert.
„Siemens Energy profitiert nicht nur von der Energiewende, sondern wird als relevanter Player der KI-Infrastruktur wahrgenommen“, meint Max Yates, Analyst bei Morgan Stanley. „Angesichts der Konkurrenz im Energiesektor wird der aktuelle Discount der Aktie in unseren Augen nicht mehr lange gerechtfertigt sein.“
Neues Wachstum – alte Probleme
Siemens Energy kann aktuell die Bestellungen kaum abarbeiten. Der Auftragsbestand erreichte zuletzt ein Rekordhoch von 123 Milliarden Euro, angeführt vom Segment „Grid Technology“, das mit wachsender Nachfrage konfrontiert ist.
Doch das Unternehmen ist nicht ohne Herausforderungen: Die Windkraftsparte Gamesa bleibt eine Baustelle, auch wenn sich erste Fortschritte abzeichnen. Bis 2025 wird hier noch mit Verlusten gerechnet, bevor sich die Sparte hoffentlich stabilisiert.
Siemens Energy geht zudem neue Wege: Mit recycelbaren Rotorblättern, die in einem speziellen Säurebad zerlegt werden können, will das Unternehmen auf dem Markt für nachhaltige Windkraftanlagen punkten.
Das könnte dem Unternehmen einen wichtigen Vorsprung verschaffen, da immer mehr Anlagen das Ende ihrer Lebensdauer erreichen und die Recyclingkapazitäten knapp werden.
Politik bleibt Risiko – doch USA ein Lichtblick
Ein Risiko bleibt: Die globale Energiewende ist stark von politischen Entscheidungen abhängig, und selbst Großunternehmen wie Siemens Energy spüren den Druck.
RWE hat kürzlich angekündigt, seine Investitionen in die Energiewende zu drosseln, auch wegen Unsicherheiten im US-Markt. Doch Siemens Energy bleibt optimistisch: „Mit unserem breiten Portfolio sind wir für den US-Markt bestens aufgestellt, egal, wie die neue Regierung aussieht“, erklärt Maria Ferraro, Finanzchefin von Siemens Energy.
Die USA bleiben für Siemens Energy ein bedeutender Wachstumsmarkt. Bereits ein Fünftel der Umsätze stammt aus Übersee, und mit Investitionen in lokale Produktionsstätten, etwa in North Carolina, hat sich Siemens Energy langfristig positioniert.