25. März, 2025

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500.000 Euro fürs Gehen: Mercedes räumt mit Geld die Verwaltung auf

Mit Abfindungen von teils über einer halben Million Euro will Mercedes tausende Stellen abbauen – freiwillig, sozialverträglich, aber mit klarer Botschaft: Die Verwaltung wird neu sortiert, und wer bleibt, bekommt es mit „Next Level Performance“ zu tun.

500.000 Euro fürs Gehen: Mercedes räumt mit Geld die Verwaltung auf
Ein 55-jähriger Teamleiter kann laut Intranet-Berechnung über 500.000 Euro erhalten – Mercedes zahlt hohe Prämien, um das Management in der Verwaltung loszuwerden.

Mercedes kauft sich die Kündigungsmacht

Wer bei Mercedes in der Verwaltung arbeitet, ist eigentlich gut geschützt. Kündigungen sind laut Betriebsvereinbarung bis 2034 ausgeschlossen. Doch der Stuttgarter Konzern will sparen – und bietet nun hohe Summen, damit Angestellte trotzdem freiwillig gehen.

Das Handelsblatt konnte Zahlen aus dem Intranet einsehen. Ergebnis: Wer lange dabei ist, kann mit sechsstelligen Beträgen rechnen. Ein 55-jähriger Teamleiter mit 30 Jahren im Unternehmen erhält bei 9.000 Euro Monatsgehalt eine Abfindung von über 500.000 Euro. Für viele dürfte das mehr sein als die noch verbleibenden Netto-Gehälter bis zur Rente.

Über 30.000 individuelle Angebote

Die Größenordnung ist enorm: Mehr als 30.000 Mitarbeitende sollen laut Insidern bis Ende April ein persönliches Angebot erhalten. Die Regel: doppelte Freiwilligkeit. Wer nicht will, bleibt. Und Mercedes behält sich vor, bestimmte Leistungsträger nicht gehen zu lassen.

Betroffen sind ausschließlich Mitarbeitende im sogenannten indirekten Bereich – also außerhalb der Produktion. Besonders stark soll es das mittlere Management treffen: Teamleiter, Sachbearbeiter, Meister – bis hinauf zur Abteilungsleitung. Für Letztere ist ein eigenes Programm in Arbeit. Im Klartext: Die Führungsebene wird mit reduziert.

Sparprogramm mit neuem Namen, bekanntem Muster

„Next Level Performance“, kurz NLP, heißt das neue Sparprogramm. Die Zielmarke: fünf Milliarden Euro Einsparung bis 2027. Schon beim Vorgängerprogramm „Move“ zahlte der Konzern großzügige Abfindungen. Jetzt geht Mercedes noch einen Schritt weiter – mit höheren Summen und klarer Deadline: Wer bis 31. Juli unterschreibt, bekommt den sogenannten „Turboaufschlag“.

Trotz hoher Gewinne und Dividendenerhöhungen streicht Mercedes bis 2027 massiv Stellen im indirekten Bereich, um sich „wetterfester“ aufzustellen.

Obwohl das Programm als „sozialverträglich“ vermarktet wird, ist die Botschaft eindeutig: Die klassische Verwaltung steht zur Disposition. Wer nicht flexibel genug ist, in neue Rollen oder Aufgaben zu wechseln, soll Platz machen.

Künstliche Intelligenz ersetzt klassische Aufgaben

Was im offiziellen Intranet noch vage klingt („Strukturen radikal hinterfragen, KI nutzen“) wird unter der Hand klarer formuliert. Mercedes plant, Aufgaben im Verwaltungsbereich mithilfe künstlicher Intelligenz zu automatisieren. Die Zahl der „indirekten Köpfe“ soll sinken, ohne dass das operative Geschäft darunter leidet.

Der Umbau erfolgt schrittweise – aber mit Nachdruck. Das Unternehmen will sich „wetterfester“ aufstellen. Eine klare Ansage in einer Branche, die sich mitten in der Transformation befindet und in der Margen zunehmend unter Druck geraten.

Warum Mercedes jetzt so viel Geld in die Hand nimmt

Es ist ein Paradox: Mercedes verdient solide, verkauft hochpreisige Fahrzeuge, erhöht die Dividende – und trotzdem wird gespart. Der Grund liegt nicht im Heute, sondern im Morgen. Elektromobilität, Softwareentwicklung, neue Plattformarchitekturen – all das erfordert Investitionen und Agilität.

Altgediente Strukturen, oft über Jahrzehnte gewachsen, passen da nicht mehr hinein. Also wird aufgeräumt – mit Geld. Viel Geld.

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