27. November, 2024

Startups & VC

400-Millionen-Deal: Was Finanzen.net Zero so wertvoll macht

Die Übernahme der Finanzplattform Finanzen.net für 400 Millionen Euro markiert einen der größten Fintech-Deals in Deutschland. Interne Zahlen geben Aufschluss über das Geschäft des Neobrokers und zeigen, warum Private-Equity-Investoren auf eine neue Ära im Fintech-Markt setzen.

400-Millionen-Deal: Was Finanzen.net Zero so wertvoll macht
Finanzen.net Zero wächst, bleibt aber weit hinter den Marktführern zurück.

Ein Neobroker mit Ambitionen – und 200.000 Kunden

Was macht einen Finanzdienstleister 400 Millionen Euro wert? Diese Frage beschäftigt die Branche, nachdem Axel Springer seine Plattform Finanzen.net und den dazugehörigen Neobroker verkauft hat.

Der Käufer: der Private-Equity-Investor Inflexion. Die Bewertung von Finanzen.net zeigt nicht nur das Potenzial des Neobroker-Geschäfts, sondern auch, wie viel Fantasie sich im Fintech-Markt neu entfachen lässt.

Dabei war der Neobroker Finanzen.net Zero, wie der Anbieter heute heißt, noch vor wenigen Jahren ein kleiner Spieler. Erst 2021 übernahm Finanzen.net den Gratisbroker und startete im Juni desselben Jahres unter eigener Marke durch.

Ziel war es, Millionen von Nutzern der Plattform Finanzen.net für den eigenen Neobroker zu gewinnen. Zum Ende des Jahres 2023 zählte das Unternehmen rund 200.000 Kunden. Die verwalteten Kundengelder beliefen sich auf etwa drei Milliarden Euro – beeindruckende Zahlen für ein noch junges Geschäftsmodell.

Beeindruckende Wachstumsraten und ehrgeizige Ziele

Doch die Wachstumsstory endet hier nicht: Branchenexperten schätzen, dass die Kundenzahl bis Ende 2024 um weitere 100.000 steigen könnte. Noch deutlicher soll sich das Wachstum bei den „Assets under Custody“ (AuC), also den verwalteten Vermögenswerten, bemerkbar machen.

Viele Kunden legen zunächst ein Konto an, bevor sie größere Teile ihrer Investments übertragen. Das deutet auf weiteres Wachstum hin – eine Perspektive, die auch für Investoren wie Inflexion attraktiv ist.

Das Geschäftsmodell von Finanzen.net

Finanzen.net ist nicht nur ein Neobroker. Der Großteil der Einnahmen stammt von der namensgebenden Finanzplattform, die mit ihrem Angebot von Nachrichten, Kursen und Analysen Millionen von Nutzern erreicht.

Für 2023 wird ein Umsatz von rund 80 Millionen Euro erwartet, davon 70 Prozent aus dem Plattformgeschäft. Der Neobroker und die ebenfalls zur Gruppe gehörende Software Traderfox tragen den Rest bei, werfen laut interner Pläne aber ebenfalls Gewinne ab.

400 Millionen Euro für Fantasie: Private-Equity-Investor Inflexion setzt auf Finanzen.net – in einem umkämpften Markt.

Das EBITDA – also der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen – wurde mit knapp 30 Millionen Euro angesetzt. Dies zeigt, dass Finanzen.net nicht nur wächst, sondern bereits profitabel ist. Angesichts eines anhaltenden Trading-Booms könnten die tatsächlichen Zahlen sogar übertroffen werden.

Warum der Preis polarisiert

Der Verkaufspreis von 400 Millionen Euro hat die Branche überrascht. Zum Vergleich: Der Konkurrent Smartbroker ist an der Börse aktuell mit nur rund 126 Millionen Euro bewertet – obwohl er größere Kundengelder verwaltet.

Dass Inflexion bereit war, diesen Preis zu zahlen, deutet auf eine starke Wachstumsfantasie hin. Die Strategie: Finanzen.net Zero soll zu einer festen Größe im Markt werden und mit Schwergewichten wie Trade Republic und Scalable Capital konkurrieren. Diese haben den Markt für Neobroker in Deutschland bisher dominiert.

Der Fintech-Markt: Mehr als nur Hoffnung

Der Deal zeigt, dass der Fintech-Markt wieder an Attraktivität gewinnt – trotz schwieriger Jahre, in denen viele Start-ups Probleme hatten, ihre ambitionierten Wachstumsziele zu erreichen.

Die Übernahme könnte auch ein Signal sein, dass sich Private-Equity-Investoren wieder stärker für das Potenzial von Fintech-Unternehmen interessieren. Besonders in einem Markt, der zuletzt durch Trading-Booms und steigendes Anlegerinteresse geprägt war, scheint die Zeit für neue Wachstumsstrategien reif