Ein Stück Leica für die Hosentasche?
Die Verheißung ist groß: Für knapp 300 Euro – App-Abo nicht eingerechnet – verspricht Leica, jedes iPhone mit MagSafe (ab Modell 12) in eine Art Mini-M10 zu verwandeln.
Mit eigenem Auslöser, Drehregler und zwei Funktionstasten. Die dazugehörige App simuliert ikonische Leica-Objektive wie das Summilux oder Noctilux, samt selektiver Tiefenschärfe, Vignettierung und Retro-Looks.
Doch wie nah kommt man mit einem Smartphone, einer magnetischen Aluminium-Schale und etwas Software wirklich an das legendäre Leica-Gefühl heran? Und rechtfertigt das Zubehör seinen stolzen Preis?
Luxusgriff mit Systembindung
Der Lux Grip funktioniert nur mit der hauseigenen Leica-App. Ohne Abo (8 €/Monat oder 80 €/Jahr) sind die Tasten nutzlos – ein echtes Ökosystemprodukt also, das Käufer langfristig bindet. Immerhin: Beim Kauf ist ein Jahresabo inklusive.
In der App kann man Blende, Brennweite und Filmstil wählen – alles rein virtuell. Fotografiert wird durch den iPhone-Sensor, der Rest ist Software. Doch die Simulationen sind gut gemacht, kreativ einsetzbar und durch die Bedienelemente schneller steuerbar als über das Display-Menü des iPhones.

Ergonomie? Eher Leica-ähnlich als Leica-like
Im Praxistest fällt auf: Der Griff macht das iPhone zwar griffiger, ersetzt aber keine echte Kameraergonomie. Wer kleine Hände hat, freut sich über die Kompaktheit. Wer große Hände hat, fragt sich, wie man diesen Mix aus iPhone und Alu-Griff überhaupt ergonomisch halten soll, ohne ständig Tasten zu blockieren oder die Linse zu verdecken.
Im Hochformat wird’s noch absurder: Finger im Bild oder Fehlbedienung sind hier eher Regel als Ausnahme – es sei denn, man dreht das Gerät auf den Kopf. Leica empfiehlt das sogar ernsthaft.
Bildästhetik mit Patina
Die simulierten Objektive bieten Spielraum für kreative Experimente – inklusive Vignettierung, Farbstimmung und Unschärfen. Doch zoomen Nutzer in ihre Porträts hinein, bröckelt die Illusion: Haarsträhnen verschmelzen mit dem Hintergrund, Ohren fransen aus, der digitale Bokeh-Look zeigt Schwächen. Apple kann das, zumindest im Porträtmodus, oft besser.
Auch der Akku ist mit 1.000 Auslösungen angegeben – mehr als genug, aber nach rund zwei Stunden Ladezeit wieder nötig. In puncto Alltagstauglichkeit ist der Grip damit eher ein Accessoire für bewusste Fotografie als für spontane Schnappschüsse.
Der Preis der Ästhetik
Was bleibt, ist ein interessantes Nischenprodukt: Wer ohnehin fotografisch ambitioniert ist, ein aktuelles iPhone besitzt und mit der Lux-App liebäugelt, bekommt hier eine stilvolle Möglichkeit, sich gestalterisch auszutoben. Der Preis von knapp 300 Euro wirkt dennoch hoch – vor allem im Vergleich zur Konkurrenz. Der Shiftcam ProGrip etwa bietet ähnliche Funktionen für die Hälfte des Preises, inklusive Drehgelenk und integriertem Akku.
Ein Stück Leica-Feeling also, ja – aber nicht ohne Einschränkungen. Die Bildqualität bleibt die des iPhones, die Haptik ist verbessert, aber nicht durchgängig überzeugend. Der Lux Grip ist damit eher ein Liebhaberstück als eine Revolution.
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