28. März, 2025

Unternehmen

2,1 Milliarden Dollar – Bayer steht im Glyphosat-Streit vor einem Scherbenhaufen

Eine US-Jury verurteilt den Konzern zur Zahlung einer der höchsten Entschädigungssummen in der Geschichte der Roundup-Klagen. Bayer pocht auf wissenschaftliche Entlastung – doch das Vertrauen bröckelt.

2,1 Milliarden Dollar – Bayer steht im Glyphosat-Streit vor einem Scherbenhaufen
Juryurteil mit Signalwirkung: Bayer soll im jüngsten Glyphosat-Prozess 2,1 Milliarden Dollar zahlen – eine der höchsten Entschädigungssummen der US-Justizgeschichte.

Die nächste Milliardenbombe ist geplatzt. Eine Jury im US-Bundesstaat Georgia hat Bayer zu einem Schadensersatz von über zwei Milliarden Dollar verurteilt – ein weiteres, schweres Kapitel in der nicht enden wollenden Glyphosat-Saga des Konzerns.

Der Kläger, ein Mann aus dem US-Bundesstaat, machte geltend, durch den jahrelangen Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Roundup an Krebs erkrankt zu sein. Das Urteil zählt zu den höchsten in der Geschichte der Glyphosat-Prozesse.

Der Preis der Monsanto-Übernahme

Mit dem Kauf des US-Konzerns Monsanto im Jahr 2018 hatte sich Bayer das Unkrautvernichtungsmittel Roundup – und damit auch ein juristisches Pulverfass – ins Haus geholt. Was zunächst wie ein strategisch cleverer Zukauf für die Agrarsparte erschien, entwickelte sich rasch zu einem Milliardenrisiko.

Bisher summieren sich die Vergleichszahlungen und Rückstellungen auf rund 15 Milliarden US-Dollar – Tendenz steigend. Über 60.000 Klagen sind nach wie vor anhängig.

Dabei hatte Bayer 2020 eigentlich mit einem „globalen Vergleich“ einen Schlussstrich ziehen wollen – doch der juristische Rattenschwanz verlängert sich immer weiter.

Wissenschaft kontra Gerichtssaal

Bayer weist die Entscheidung entschieden zurück – und das nicht zum ersten Mal. Der Konzern beruft sich auf „mehr als vier Jahrzehnte an wissenschaftlicher Forschung“ sowie die Bewertungen internationaler Regulierungsbehörden, darunter auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) und die US-Umweltschutzbehörde EPA. All diese Organisationen stuften Glyphosat bislang nicht als krebserregend für den Menschen ein.

Glyphosat in der Kritik: Während Regulierungsbehörden es für unbedenklich halten, stuft die WHO-nahe IARC den Wirkstoff als „wahrscheinlich krebserregend“ ein – und schafft damit Raum für Klagen.

Anders sieht es die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO. Sie bewertete das Mittel 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ – eine Formulierung, die zum juristischen Dreh- und Angelpunkt für tausende Kläger wurde.

Berufung als Strategie

Bayer will das Urteil aus Georgia nicht akzeptieren. Man sehe „verfassungsrechtlich bedenkliche Überhöhungen“ bei der Schadenssumme und wolle Berufung einlegen. Tatsächlich ist der Konzern damit in früheren Fällen nicht schlecht gefahren: In zahlreichen Verfahren konnte Bayer den ursprünglichen Schadensersatz um bis zu 90 Prozent senken.

Doch jeder neue Fall ist auch ein Reputationsproblem – nicht nur für die Marke, sondern auch für das Management um CEO Bill Anderson, der das Glyphosat-Dilemma eigentlich hinter sich lassen wollte. Der Prozessverlauf zeigt: Es geht nicht nur um wissenschaftliche Fakten, sondern um Vertrauen – und das lässt sich nicht einklagen.

Investoren unter Druck

An den Kapitalmärkten hat der neue Rückschlag Folgen. Die Bayer-Aktie verlor am Freitag nach Bekanntwerden des Urteils zwischenzeitlich über 3 Prozent. Der Kursverlauf der vergangenen Jahre zeigt ohnehin ein desaströses Bild: Vom einstigen DAX-Schwergewicht ist auf dem Kurszettel wenig übrig. Seit dem Monsanto-Deal hat sich der Börsenwert beinahe halbiert.

Für Analysten ist klar: Solange das Glyphosat-Kapitel nicht geschlossen ist, bleibt Bayer ein Risiko-Investment. Auch weil nicht auszuschließen ist, dass weitere Geschworenenurteile ähnlich hohe Summen festsetzen – oder eine politische Neubewertung des Wirkstoffs droht.

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